GummigeschosseVideo von verletzten Gelbwesten rüttelt auf
Ein Video der Nachrichtenagentur AFP zeigt Gelbwesten, die durch Polizei-Geschosse ein Auge verloren haben. Die Werfer werden auch in Bern eingesetzt.
- von
- sul
Gilets-Jaunes-Anhänger erzählen von ihren traumatischen Erlebnissen (Video: AFP)
«Ein Geschoss traf mich im Gesicht, dann war da nur noch ein schwarzes Loch», erzählt Alexandre Frey (28). Später erhielt der freischaffende Künstler den niederschmetternden Befund seines Arztes: Er habe sein rechtes Auge für immer verloren. Patrick Galliand (59) ereilte dasselbe Schicksal: «Sollte auch meinem anderen Auge etwas zustossen, ist es vorbei – dann bin ich völlig blind», sagt der kaufmännische Angestellte.
Thuner Firma stellt Werfer her
Frey und Galliand gehören zu den insgesamt 23 Personen, die angeben, bei Protesten der Gelbwesten in Frankreich schwer verletzt worden zu sein und ihr Augenlicht auf einer Seite verloren zu haben. In einem Video der französischen Nachrichtenagentur AFP erzählen sie von ihren traumatischen Erlebnissen.
Wegen des Einsatzes von Gummigeschossen geriet die französische Polizei in den letzten Wochen und Monaten vermehrt in die Kritik – und mit ihr die Herstellerfirmen. Zu diesen gehört auch B&T in Thun. Das Rüstungsunternehmen stellt den Mehrzweckwerfer GL06 samt Munition her, der bei den Gilets-Jaunes-Demonstrationen eingesetzt wird. B&T weist seit geraumer Zeit jede Verantwortung von sich: Die französische Polizei würde für den Werfer nicht die richtige Munition verwenden.
Motion gegen Pilotversuch
Auch die Kantonspolizei Bern setzt die GL06 derzeit in einem Testversuch ein – mit den dafür konzipierten Patronen. Dass aber auch die herstellereigenen Geschosse zu massiven Verletzungen führen können, ist einem Gutachten der Universität Bern aus dem Jahr 2008 zu entnehmen. Darin wird ihr «Verletzungspotenzial» als beachtlich beurteilt. Rippenbrüche und Augenschäden seien noch aus einer Distanz von 60 Metern möglich. B&T gibt an, die Geschosse seien durch das Gutachten als «sicher auf Nahdistanz» bewertet worden.
Christa Ammann von der Alternativen Linken Bern fordert in einer Motion den sofortigen Stopp des Pilotversuchs. Zu hoch sei das Verletzungsrisiko, zu gross sei die Gefahr, dass Unbeteiligte aufgrund von Abprallern in Mitleidenschaft gezogen würden. Ammann: «Die Werfer sind bei Personenansammlungen wie Kundgebungen oder Sportanlässen keine geeignete Waffe.»