Baselworld: Viel Protz und lange Beine

Aktualisiert

BaselworldViel Protz und lange Beine

Die aktuellsten Luxusuhren seien etwas diskreter, behaupten Kenner. Nicht so die Auftritte der Marken. Da wird geprotzt und geklotzt. Ein Augenschein an der weltgrössten Uhrenmesse.

S. Spaeth
von
S. Spaeth

Eine Uhr ist viel mehr als ein Zeitmessinstrument. Es geht um Emotionen und Status, um Luxus. Die diesjährigen Modelle sind laut der Vereinigung der Schweizer Aussteller diskreter, die Uhrendurchmesser wieder vernünftiger. Bei den Messeständen ist von diesem Understatement aber nichts zu spüren. Die Uhrenmarken scheinen wieder jene Unsummen aus vergangenen Tagen in ihre Messe-Auftritte zu buttern, als die Schweizer Uhrenindustrie 2008 ihr Rekordjahr erlebte.

Wer das erste Mal die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld besucht, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Die Mischung aus Luxusshoppingcenter, Autosalon-Feeling und Las Vegas ist beeindruckend. Es glitzert und funkelt wo man hinschaut. Man zeigt was man hat: Der Schweizer Uhrenhersteller Hublot beispielsweise eine mit Diamanten bestückte Uhr im Wert von 2,6 Millionen Franken. Und alle Marken verzieren ihre Stände mit Hostessen in körperbetonten Kleidchen, die den Uhrenhändlern aus aller Welt die Wünsche von den Lippen ablesen. Die Uhrenindustrie inszeniert sich selbst.

Mehr als Bling-bling

Mit Bling-bling und Girls alleine kann man sich aus der Masse der Hersteller aber längst nicht mehr abheben. Dafür braucht es schon ein im Messestand integriertes gigantische Aquarium – wie beim Schweizer Hersteller Breitling oder einen Imagefilm in 3D, wie bei Longines. Durch seine schiere Grösse beeindruckt der Stand von Rolex in der luxuriösen «Hall of Desires». Der Rolex-Palast ist rund 50 Meter lang und 25 Meter breit. Mit seiner grossen Treppe in der Mitte und dem Marmor-Stil erinnert er an einen Barock-Palast.. Die Konkurrenz steht Rolex aber in nichts nach. Nur wenig Meter daneben steht der mehrstöckige Bau von Chopard: Er besticht durch edles Holz.

30 bis 40 Prozent ihres Jahresumsatzes machen die grossen Uhrenmessen in einer Woche Baselworld. Da darf der Messestand schon mal so viel kosten wie ein Einfamilienhaus. Wie viel Geld die Marken in ihre Auftritte investieren, bleibt ein gut gehütetes Geheimnis. Die Branche spricht nicht gerne über Geld. Ein Vertreter einer namhaften Schweizer Uhrenfirma sagt zu 20 Minuten Online: «Nur schon die Quadratmeterpreise in Basel stellen alle anderen Messen in der Schweiz in den Schatten.» Es sei halt die international bedeutendste Uhrenmesse. Die hohen Preise bestätigt Nicole Ritter vom Messeveranstalter. «Ein Quadratmeter Ausstellungsfläche kostet seit sieben Jahren 350 Franken – in allen Hallen.» Flächenrabatt gibt es keinen. Zum Verglich: Der Autosalon in Genf verlangt Quadratmeterpreise von rund 250 Franken .

Business – nicht Unterhaltung

Der Zutritt ins Innere der aufwendig konstruierten Messestände bleibt den gewöhnlichen Besuchern verweht, obwohl sie sich ein Tagesticket für 60 Franken geleistet haben. Sicherheitsleute lassen nur die Einkäufer mit Einladungen ins «heilige» Reich, wo Damen mit Modellfiguren Kaffee servieren und Händlern aus aller Welt ihre millionenschwere Uhren-Bestellungen aufgeben. An Luxusgütern interessierte Privatpersonen sind den Herstellern eher lästig. Baselworld ist Business und keine Spassveranstaltung – auch wenn der Protz und die Models durchaus für gute Unterhaltung sorgen.

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