Kürzung gefordert«Vielen ist es in der Sozialhilfe recht wohl»
Die Ansätze für Sozialhilfe sollen um zehn Prozent sinken. Dies verlangt Ueli Studer, Sozialvorsteher von Köniz BE. Bei der Konferenz für Sozialhilfe kommt die Forderung nicht gut an.
- von
- lüs

Kundinnen im Caritas-Markt im Bern: Geht es nach dem SVP-Politiker und Sozialvorsteher Ueli Studer, wird die Sozialhilfe um zehn Prozent gekürzt.
Für Ueli Studer (SVP), Sozialvorsteher von Köniz, einer Berner Vorortsgemeinde mit knapp 39'000 Einwohnern, sind die aktuellen Sozialhilfeansätze zu grosszügig. In einem Vorstoss, den er im Berner Grossen Rat eingereicht hat, verlangt er eine Kürzung um zehn Prozent bei den Ansätzen, die derzeit im Kanton angewendet werden. Familien, die von Sozialhilfe lebten, hätten teilweise mehr Geld zur Verfügung als andere, die ohne staatliche Unterstützung auskommen müssten, erklärt Studer seine Forderung.
Ein Ehepaar mit zwei Kindern erhalte von der Sozialhilfe gut und gern 5600 Franken im Monat, rechnet Studer in der «Berner Zeitung» vor. Davon blieben der Familie 2690 Franken, zudem müsse sie weder den Selbstbehalt der Krankenkasse noch die Zahnarztrechnungen selber bezahlen, der Staat komme vielleicht sogar für das Schullager auf. Eine vierköpfige Familie ohne Sozialhilfe, die ein Einkommen von 6500 Franken erziele, habe nach Abzug der Steuern und der anderen Ausgaben noch etwa 2700 Franken zur Verfügung.
Einigen Bezügern ist es in der Sozialhilfe «recht wohl»
Studer glaubt, dass eine Reduktion der Sozialhilfe den Anreiz, den Sprung aus der Sozialhilfe zu schaffen, stark erhöhen würde. «Ich gehe davon aus, dass es nicht wenige Personen gibt, denen es in der Sozialhilfe recht wohl ist und die ihren Lebensstil darauf ausgerichtet haben», so Studer.
Eine Kürzung des Budgets würde den Druck erhöhen, die finanzielle Selbstständigkeit zu erreichen, glaubt Studer. Die Sozialhilfe dürfe nicht ein Niveau erreichen, auf dem es einem wohl werden könne: «Sonst merken immer mehr Haushalte, dass es sich für sie eigentlich gar nicht mehr lohnt, zu arbeiten.»
Skos: «Soziale Integration» würde erschwert
Walter Schmid, Präsident der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos), sagt zu Studers Forderung: «Wir würden eine Abweichung von den Schweizer Standards bedauern.»
Zwar wäre es für Sozialhilfebezüger durchaus möglich, mit zehn Prozent weniger Geld zu überleben, so Schmid. «Doch sie könnten sich nicht mehr am sozialen Leben beteiligen.» Ein Geschenk zum Kindergeburtstag, mal einen Kaffee trinken gehen oder ins Kino oder mit den Kindern einen Ausflug machen: Bei all diesen Dingen, die für die soziale Integration wichtig seien, müssten Sozialhilfebezüger Abstriche machen, so Schmid.