KanadaVier Frauen zeigen spirituellen Anführer wegen sexueller Übergriffe an
Der Kanadier John de Ruiter sitzt in U-Haft. Vier Anhängerinnen einer spirituellen Glaubensgemeinschaft werfen ihm sexuelle Übergriffe vor.
- von
- Karin Leuthold
Darum gehts
In Edmonton, Kanada, hat die Polizei den Anführer einer Glaubensgemeinschaft festgenommen.
John de Ruiter gründete seine Organisation vor 25 Jahren.
Zuvor war er als Schuhmacher tätig.
Die kanadische Polizei hat den Anführer einer millionenschweren, spirituellen Organisation festgenommen, nachdem vier ehemalige Anhängerinnen der Gemeinschaft ihn wegen sexuellen Übergriffs angezeigt hatten. Der 63-jährige John de Ruiter wurde am Samstag in der Stadt Edmonton in der Provinz Alberta in Gewahrsam genommen.
Die vier Klägerinnen werfen dem Mann vor, sie zwischen 2017 und 2020 bei verschiedenen Gelegenheiten sexuell angegriffen zu haben. Der selbst ernannte messianische Anführer des Oasis Centres soll den Opfern gesagt haben, «dass er von einem Geist angewiesen wurde, sexuelle Handlungen mit ihnen vorzunehmen, und dass ihnen dadurch die Möglichkeit geboten werde, einen Zustand höheren Seins oder spiritueller Erleuchtung zu erreichen», teilte die Polizei in einer Medienmitteilung mit. Die Behörde geht davon aus, dass es weitere Opfer gibt. Die Ermittler und Ermittlerinnen ermutigen Mitglieder oder ehemalige Mitglieder der Gemeinschaft, sich zu melden.
Vom Schuhmacher zum spirituellen Anführer
In einer internen Erklärung der Organisation heisst es, dass de Ruiter die Anschuldigungen vor Gericht «energisch anfechten» werde. Sämtliche Veranstaltungen wurden in den letzten Tagen abgesagt. Bereits bezahlte Eintrittskarten werden erstattet. Die Treffen sollen jedoch im Laufe der Woche wieder aufgenommen werden.
De Ruiter, der mit vollem Vornamen Johannes heisst, arbeitete als Schuhmacher und Hilfspfarrer, bevor er vor 25 Jahren seine eigene Glaubensgemeinschaft gründete. Selbst bezeichnet er sich als «lebende Verkörperung der Wahrheit», seine Tausenden Anhänger fordert er auf, den Sinn des Lebens durch «kernspaltende Ehrlichkeit» zu verstehen.
Eine psychologische oder therapeutische Ausbildung hat er nicht, wie BBC berichtet. Bekannt wurde er durch seine wöchentlichen Treffen, bei denen er seine Anhänger und Anhängerinnen lange Zeit schweigend anstarrte.
Sohn weiss von den Sex-Beziehungen des Vaters Bescheid
Im Jahr 2017 führte die kanadische Zeitung «The Globe and Mail» eine Untersuchung durch. Dabei kritisierten mehrere der befragten Anhänger seine sexuellen Beziehungen zu einigen der weiblichen Anhänger. Nicolas de Ruiter, Sohn des festgenommenen Anführers, sagte einst in einem Interview, er wisse von den Affären seines Vaters zu verheirateten Frauen in der Gemeinschaft Bescheid.
Der Vater soll seinerseits dem Sohn erklärt haben, «dass er dazu bestimmt sei, mit einer Reihe von Frauen sexuelle Beziehungen zu unterhalten». Auf der Website seiner Organisation wird das Thema sogar angesprochen. In einem Q&A wird die Frage gestellt, ob es nicht kontrovers sei, dass John de Ruiter Sex mit seinen Anhängerinnen habe. Darauf die Antwort: «John benutzt Sex nicht als Mittel zur Kontrolle oder Unterwerfung einer Person.»
In Gerichtsdokumenten aus dem Jahr 2009 wird das persönliche Vermögen der Familie de Ruiter auf fast neun Millionen Dollar geschätzt. Der Anführer besitzt neben einem Haus einen umgerechnet etwa 51’000 Franken teuren Lastwagen. Mit den Veranstaltungen des Oasis Centres verdient er knapp 160’000 Franken pro Jahr.
Wirst du oder wird jemand, den du kennst, von einer Glaubensgemeinschaft unter Druck gesetzt?
Hier findest du Hilfe:
Infosekta, Fachstelle für Sektenfragen, Tel. 044 454 80 80
Relinfo, Evangelische Informationsstelle Kirchen – Sekten – Religionen, Tel. 078 840 24 06
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
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