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Jugendsünde Tattoo«Vögel sind das Arschgeweih von heute»

Tattoos mutieren zum Accessoire – schon bei Jugendlichen. Die Entfernungsmethoden sind heute zwar besser, aber immer noch schmerzhaft, langwierig und teuer.

Julia Panknin
von
Julia Panknin
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Bei den Tattoo-Motiven liegen Vögel derzeit schwer im Trend.

Bei den Tattoo-Motiven liegen Vögel derzeit schwer im Trend.

Genauso wie Federn. Superstar Rita Ora hat es vorgemacht.

Genauso wie Federn. Superstar Rita Ora hat es vorgemacht.

Jugendsünde Tattoo: In den 1990ern war es das sogenannte Arschgeweih, heute liegen Motive wie Unendlichkeitszeichen, Vögel und Federn voll im Trend, sagt Sandra Schenk,  Tätowiererin im Zürcher Tattoo- und Piercing-Studio True Body Art.

Jugendsünde Tattoo: In den 1990ern war es das sogenannte Arschgeweih, heute liegen Motive wie Unendlichkeitszeichen, Vögel und Federn voll im Trend, sagt Sandra Schenk, Tätowiererin im Zürcher Tattoo- und Piercing-Studio True Body Art.

Keystone/Steffen Schmidt

Online sind wir auf eine ausladende Bildstrecke mit «den coolsten Tattoo-Motiven für dich» gestossen – und zwar auf der Homepage der deutschen Jugendzeitschrift «Bravo». Ja, richtig. Die «Bravo». Eine Zeitschrift mit im Durchschnitt zehn- bis 19-jährigen Lesern. Da fragen wir uns natürlich: Ist die Zielgruppe für Tattoos heute tatsächlich so jung?

«Tendenziell wird das Publikum immer jünger, wir haben allerdings strenge Auflagen und deswegen eher wenig ganz junge Kundschaft», sagt Sandra Schenk, Tätowiererin im Zürcher Tattoo- und Piercing-Studio True Body Art, zu 20 Minuten. Die Regeln hat das Studio allerdings zum Schutz für Kunden und Team selbst erstellt: «Wir tätowieren erst ab 16 Jahren. Bis zur Volljährigkeit muss jedoch ein Elternteil mit ID mitkommen und eine Einwilligung unterschreiben. Das schreckt viele ab.»

«Tattoos werden zum Modeaccessoire»

Ein gesetzlich festgelegtes Alter für das Stechen von Tattoos gibt es nämlich nicht, was Schenk für problematisch hält: «Es gibt genug schwarze Schafe, die auch ohne Einwilligung der Eltern Tattoos stechen.» Dabei handle gerade die junge Klientel oft unbedacht: «Tattoos sind bei vielen Jugendlichen zum Modeaccessoire mutiert, aber dass diese einen ein Leben lang begleiten, überlegen sich zu wenige.»

Tattoos scheinen bei jungen Menschen zu Statussymbolen geworden zu sein, welche zwar gern als Ausdruck der Individualität bezeichnet werden, am Ende aber doch nur ein Schwimmen mit der Masse verkörpern: «Die meisten wollen Trendmotive wie Unendlichkeitszeichen, Vögel und Federn – die sind das Arschgeweih von heute», meint Schenk.

Steigern Tattoo-Entfernungsmöglichkeiten Leichtfertigkeit?

Auch die immer besseren Tattoo-Entfernungsmöglichkeiten könnten die Leichtfertigkeit der Kunden beeinflussen, überlegt Schenk: «Viele denken sich vielleicht ‹Wenn ich es in 10 Jahren nicht mehr will, dann lasse ich es halt wegmachen›». Die damit verbundenen Kosten und Schmerzen seien den meisten zu diesem Zeitpunkt aber nicht bewusst.

Dass es sich manche sogar noch schneller anders überlegen, weiss Dr. med. Christian Köhler, Geschäftsführer des Prevention Center für plastische Chirurgie in Zürich, aus Erfahrung: «Wir haben immer wieder Anfragen von Leuten, die sich erst vor ein paar Tage ein Tattoo haben machen lassen und es so grässlich finden, dass sie es gleich wieder entfernen lassen wollen.»

Vom Bauarbeiter bis zum Millionär

Dr. Köhler war europaweit der Erste, der vor eineinhalb Jahren in den neuartigen Pico-Sure-Laser (Info-Box) investierte – und kann sich seitdem vor Anfragen kaum retten: «Wir machen im Durchschnitt 100 Behandlungen pro Monat, Tendenz steigend.» Die Klientel erstrecke sich vom Bauarbeiter bis zum Millionär, verrät er. Doch nicht alle kommen zur kompletten Tattoo-Entfernung: «Viele Kunden kommen heute, um ihr Tattoo entweder verkleinern oder verblassen zu lassen, um später etwas Neues darüberstechen zu können.» 50 Prozent der Anfragen kämen ausserdem von Menschen, die sich bereits mit einer anderen Methode hätten behandeln lassen, das Ergebnis aber als unbefriedigend empfänden.

Je nach Grösse des Motivs kostet einen Sitzung mit dem Pico Sure zwischen 500 und 1000 Franken. Wie viele Sitzungen es braucht, hängt von individuellen Faktoren ab, im Durchschnitt sind es jedoch vier bis acht. Ein hoher Preis für eine unbedachte Jugendsünde.

Tattoo-Entfernung: Pico Sure

Der Pico-Sure-Laser arbeitet mit Druckwellen, welche die Farbpigmente im Gegensatz zu früheren Methoden nicht sprengen, sondern zerstäuben. Die Pigmente werden kleiner und können so leichter vom Körper abtransportiert werden. Erstmalig kann nun auch grüne und blaue Tinte entfernt werden. Es werden weniger Sitzungen benötigt und die Gefahr von Begleitschäden wie Verbrennungen ist deutlich reduziert. Bis heute ist das Zürcher Prevention Center die einzige Klinik in der Schweiz, die die neue Technik anbietet. Eine Sitzung kostet je nach Grösse des Motivs zwischen 500 und 1000 Franken. Im Durchschnitt werden vier bis acht Behandlungen benötigt.

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