«Wii Fit»Voll fit
Ich bin auch ein Gym: Spielplattformen werden mit Programmen wie «Wii Fit» zweckentfremdet und fördern statt des Spieltriebs auch die Ertüchtigung von Körper und Geist.
- von
- Jan Graber
Die Erfindung der Spielkonsolen ging Hand in Hand mit der Geburt eines neuen Menschentyps: des sich selbst vernachlässigenden, vereinsamenden und verfetteten Nerds, der seine Erlösung in der binären Welt sucht. Das Bild prägte nachhaltig die Wahrnehmung von Gamern. Mit familien- und massentauglichen Spielen versucht die Spieleindustrie nun dieses Zerrbild zu entkräften. Mit Erfolg: Die Zahl von Spielern nimmt zu, und mittlerweile schämen sich auch Erwachsene nicht mehr, wenn sie an ihrer PS3, Wii oder Xbox 360 Spass haben. Zusätzliche Legitimation erhalten sie durch Spiele, die eigentlich keine sind: Programme wie «Dr. Kawashima's Gehirnjogging», «Brain Training», «Eye Toy Kinetic» oder das neue «Wii Fit» verwandeln die Konsolen in mentale und physische Fitnessstationen, die bisweilen von Spitälern sogar zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden. Den Programmen gemeinsam ist, dass sie mit spieltechnologischen Elementen wie Ranglisten, Wettbewerben oder witzig gestalteten virtuellen Figuren die Benutzer dazu motivieren, ihren Körper und Geist zu trainieren: Das primäre Ziel ist nicht das Vergnügen, sondern die verbesserte Gesundheit.
Besonders das kürzlich erschiene «Wii Fit» präsentiert sich hierbei als kleines Fitnessstudio für zuhause und unterstreicht seinen Status als ernstzunehmendes Sportprogramm mit einem stylischen Balance Board – einer Waage, mit der zunächst einmal der Body-Mass-Index und das sogenannte «Wii Fit»-Alter festgestellt und danach die Ausführung der Sportübungen kontrolliert werden. Trainieren lassen sich Balance, Muskelkraft, Ausdauer und Beweglichkeit. Das Festlegen eines Trainingsziels soll als zusätzlicher Ansporn dienen. Ohne eiserne Selbstdisziplin und die richtige Ernährung dürfte der angestrebte Götter-Körper allerdings ein ebenso unrealistisches Bild abgeben wie am anderen Ende des Spektrums der verfettete Gamer in den Augen der Gesellschaft.
Bleibt also die Frage, ob es sich bei Fitness-Programmen wie «Wii Fit» oder «Eye Toy Kinetic» nicht einfach um Alibiübungen handelt: für die Industrie, um den Spielplattformen einen seriösen Anstrich zu geben, und für die Benutzer, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, wenn sie die Konsole zu ihrem ursprünglichen Zweck benutzt haben – zum Spielen.
Game: Wii fit
Typ: Fitness
Plattform: Wii
Rating: 4 von 5