MontenegroVom Nobody zum Geheimfavoriten
Kanonenfutter war Montenegro in der kurzen Fussballhistorie nie. Nobody oder Aussenseiter trifft es besser. Jetzt haben sie sich zum Mitfavoriten gewandelt.
- von
- Reto Fehr
2006 erschien der Name Montenegro erstmals an einer grossen Endrunde. Allerdings gehörte der heutige souveräne Staat damals noch zu Serbien und Montenegro. Nach dem Turnier löste sich dieses Team auf. Weil Serbien als Nachfolger des Landes gilt, durften sie an der EM-Qualifikation 2008 teilnehmen. Für Montenegro, das seinen Verband neu gründen musste, gab es keinen Platz mehr, da die Gruppeneinteilung schon länger vollzogen war.
So bestritt die Equipe am 24. März 2007 das erste Spiel der Geschichte gegen Ungarn, welches dank zwei Elfmetertoren mit 2:1 gewonnen wurde. Die Fifa anerkennt diese Partie jedoch nicht, da Montenegro erst am 31. Mai 2007 vollwertiges Mitglied wurde. Das erste offizielle Länderspiel Montenegros ging am 1. Juni 2007 gegen Japan 0:2 verloren.
Nur zwei Kanterniederlagen
Seit der Gründung haben die Falken elf Siege in 28 Spielen gefeiert. Eine gute Leistung, wenn man bedenkt, dass lediglich knapp 700 000 Leute im Balkanstaat leben. Obwohl die höchste Niederlage ein 0:4 gegen das zuletzt bescheidene Rumänien war, konnte man Montenegro doch nie als Kanonenfutter bezeichnen. Erst neun Niederlagen mussten sie verkraften, nur zwei davon mit mehr als drei Toren Differenz.
Als ungemütlicher Gegner präsentierte sich Montenegro schon beim ersten Qualifikationsturnier für die WM 2010 in Südafrika. Am Ende schaute mit einem einzigen Sieg gegen Georgien (2:1) nur der fünfte von sechs Rängen heraus. Man sammelte mit neun Zählern gleich viele Punkte wie Zypern und konnte nur Georgien hinter sich lassen. Trotzdem überraschte das Team mit sechs Unentschieden – unter anderem zweimal gegen Irland – und nur drei Niederlagen. Neben der 1:4-Klatsche in Bulgarien war einzig der damals noch amtierende Weltmeister Italien zweimal zu gut (1:2 und 0:2).
Himmelsstürmer im Fifa-Ranking
Seit Februar 2010 ist der Kroate Zlatko Kranjcar – der sein Land an der WM 2006 betreute - als Trainer im Amt. Nach zwei Pleiten zum Auftakt gegen Albanien (0:1) und Norwegen (1:2) landete der 52-Jährige mit dem 2:0 gegen Nordirland den ersten Vollerfolg. Die zwei Siege gegen Wales und Bulgarien in der aktuellen EM-Qualifikation sind bekannt. Diese haben den Höhenflug mächtig unterstützt. Im Fifa-Ranking steht Montenegro auf Rang 40 so gut wie noch nie da. Alleine im September verbesserte sich das Team um 33 (!) Plätze und hat nebst Gruppengegner Wales jetzt auch Bulgarien hinter sich gelassen. Die Kurve steigt kontinuierlich nach oben. Trainer Kranjcar gibt sich daher vor dem Duell mit der Schweiz auf «fifa.com» angriffig: «Wir haben noch nicht alles gezeigt, was wir können.»