Kampf um MariupolVon Russen umzingelt – wie lange können die Kämpfer im Stahlwerk ausharren?
Hunderte ukrainische Kämpfer haben sich im Stahlwerk Asowstal in Mariupol verschanzt – ergeben werden sie sich nicht. Die Truppen hatten mehr als 50 Tage Zeit, das Gelände zu befestigen und Fluchtwege zu bauen.
- von
- Karin Leuthold
Darum gehts
Ukrainische Truppen in Mariupol ergeben sich nicht: Hunderte Kämpfer – darunter einige ausländische Söldner – haben sich in dem Stahlwerk Asowstal verschanzt, ein Ultimatum aus Moskau liessen sie am Sonntagmittag verstreichen. Russland hatte zuvor den Truppen im Fall einer Kapitulation zugesichert, sie würden am Leben bleiben. Einem Militärexperten zufolge könnten die Ukrainer im Stahlwerk aber noch lange Zeit mit einer Guerillataktik ausharren.
Die Männer werden von dem rechtsextremen Asow-Bataillon angeführt. Justin Crump, Berater bei der Sicherheitsfirma Sibylline, sagte der BBC: «Die Truppen im Stahlwerk sind wirklich gut für die Verteidigung gerüstet.» Er schätzt, dass bis zu 800 Kämpfer die Anlage verteidigen. Das Asowstal Stahlwerk ist etwa elf Quadratkilometer gross und zum Teil untertunnelt. Die Truppen hatten mehr als 50 Tage Zeit, das Gelände zu befestigen und Fluchtwege zu bauen.
Der Sicherheitsberater glaubt nicht, dass sich die Kämpfer ergeben werden, wie er BBC weiter sagt. «Die Soldaten dort wollen sich nicht gefangen nehmen lassen. Und Russland will nicht hineingehen und sie Meter für Meter unterirdisch räumen», sagt Crump. Den ukrainischen Streitkräften sei es gelungen, die belagerten Truppen in Mariupol in sehr riskanten nächtlichen Einsätzen mit Nachschub zu versorgen, so der Brite.
«Mariupol existiert nicht mehr»
Durch eine Kapitulation der Ukrainer in Mariupol bekäme Russland Truppen frei, die es für seine geplante Offensive im Donbass einsetzen könnte, so die Meinung der ukrainischen Regierung. Das Stahlwerk ist für Kiew ein strategischer Industriestandort. «Wenn Russland die Kontrolle darüber erlangt, könnten es vielleicht die Chinesen wieder in Betrieb nehmen, denn sie wollen den Stahl», mutmasst Crump.
Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba beschrieb am Sonntagabend die Lage in der eingekesselten Hafenstadt Mariupol als entsetzlich und herzzerreissend. Die andauernden russischen Angriffe auf die Stadt könnten eine «rote Linie» sein, die alle Bemühungen für Frieden auf dem Verhandlungsweg beenden werde, sagte Kuleba im US-Sender CBS. Die eigenen Truppen seien «im Grunde eingekreist» von russischen Truppen, die Mariupol dem Erdboden gleichmachen wollten. Wörtlich sagte Kuleba: «Die Stadt existiert nicht mehr.»
Bereits am späten Sonntagabend begannen erneut Angriffsversuche auf Mariupol und das Stahlwerk Asowstal: Russland beschoss die Stadt mit Raketen und Bomben, dabei kamen auch Überschallbomber vom Typ Tu-22M3 zum Einsatz.
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