JusoSozialhilfeempfänger will ins Parlament
Ein Aargauer Jungsozialist kandidiert für den Nationalrat – mit einer ungewöhnlichen Berufsbezeichnung. Das bringt Komplikationen mit sich.
Darum gehts
E.E. ist Juso-Mitglied und kandidiert im Kanton Aargau für den Nationalrat.
Als Beruf listete er auf der Juso-Homepage «Sozialhilfeempfänger» auf.
Dafür erntete er auf Twitter Kritik.
Mit seiner Transparenz wolle E. zur Entstigmatisierung von Sozialhilfeempfängern beitragen.
E.E. (20) ist Mitglied der Juso Aargau und will für die Jungpartei in den Nationalrat. Seinen vollen Namen will der junge Politiker derweil nicht in den Medien lesen. Transparent ist er hingegen bezüglich seines Arbeitsverhältnisses: Auf der Homepage der Juso listet er seinen Job als Sozialhilfeempfänger auf.
Das veranlasste Vivienne Huber, Nationalratskandidatin für die junge SVP (JSVP) im Kanton Aargau, auf X, ehemals Twitter, zu fragen: «Wie finanziert man eigentlich einen Wahlkampf ohne Job, liebe Juso?» Unter dem Tweet stimmen einige User Huber zu – die Mehrheit verteidigt jedoch den Juso-Nationalratskandidaten und kritisiert den Tweet.
Reaktion spiegle Gesamtklima
E. selbst lässt die kritische Frage auf X zwar nicht kalt, gegenüber 20 Minuten sagt er aber: «Es geht nicht primär darum, dass ich mich angegriffen fühlen würde. Es macht mir eher Sorgen, dass die JSVP und Bürgerliche gegen Menschen schiessen, nur weil diese Sozialhilfe beziehen.» Es spiegle das Gesamtklima, das im Grossteil der Bevölkerung herrsche, und «von der JSVP und rechten Kreisen geprägt ist», so E.
Der Juso-Nationalratskandidat will nicht detailliert darauf eingehen, weshalb er seit einigen Monaten Sozialhilfe bezieht. Als Grund gibt er jedoch eine Kombination aus sozialen und gesundheitlichen Problemen an, die dazu geführt hätten, dass er nicht arbeiten könne. Ob er für ein allfälliges Nationalrats-Mandat fit genug sei, werde sich noch zeigen. «Mein Gesundheitszustand war aber einer der Gründe, weshalb ich relativ weit hinten auf die Liste wollte», so E.
«Normalisierter Umgang fehlt»
Der junge Politiker habe sich lange Gedanken darüber gemacht, ob er öffentlich transparent machen wolle, dass er Sozialhilfebezüger ist. «Mir war bewusst, dass das Risiko besteht, dass von rechts eine Kampagne gegen mich gefahren wird», erzählt er. «Aber es gibt fast keine Sichtbarkeit für Menschen, die Sozialhilfe beziehen – immer noch besteht das Vorurteil, dass sie selbst daran Schuld oder faul seien. Gleichzeitig sind diese Menschen aber massgeblich von politischen Entscheiden betroffen.»
Fast keine Sichtbarkeit für Sozialhilfebezüger – E.s Kandidatur zementiert dieses Bild. Denn während Kandidierende landauf, landab alles geben, um in den Medien eine Plattform zu bekommen, möchte sich E. weder mit Bild noch mit Namen in der Zeitung zeigen – weil er sonst befürchten müsse, attackiert zu werden, wie er sagt.
Ein normalisierter Umgang und die wahren Gründe, weshalb Menschen auf Sozialhilfe angewiesen seien, fehlten in der öffentlichen Wahrnehmung. «Mein Ziel hiermit war es, die Sozialhilfe und Personen, die diese beziehen, zu entstigmatisieren», sagt er.
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