
Habe ich zu viel Unsinn geschwatzt? Oft hinterfragen wir uns, nachdem wir neue Menschen kennen gelernt haben – das kann am Phänomen «Liking Gap» liegen.
PSychologisches PhänomenWarum andere Menschen dich mehr mögen, als du denkst
Wenn du stets an dir zweifelst, wenn du neue Leute kennen lernst, kann das am «Liking Gap» liegen. Das musst du darüber wissen.
- von
- Michelle de Oliveira
Kommt dir das bekannt vor? Du lernst jemanden kennen oder du stösst vielleicht neu zu einer Gruppe und verbringst Zeit mit Menschen, die du nicht besonders gut kennst. Und eigentlich verbringt ihr eine richtig gute Zeit miteinander. Doch im Nachhinein machst du dir plötzlich Gedanken: Die mögen mich bestimmt nicht! Was habe ich bloss wieder für einen Quatsch erzählt! Habe ich vielleicht zu viel über mich geredet? Oder zu wenig Interessantes beigetragen und alle finden mich jetzt dumm?
Phänomen «Liking Gap»
In deinem Kopf geht ein Gedankenkarussell los, das du kaum noch stoppen kannst. Dann hast du wahrscheinlich Bekanntschaft gemacht mit dem sogenannten «Liking Gap», was man auf Deutsch als «Sympathie-Lücke» bezeichnen kann. Das Phänomen beschreibt den Umstand, dass du stark an dir zweifelst, während dein Gegenüber dich als sympathisch wahrgenommen hat.

Würdest du dich lieber verstecken, als neue Leute kennen zu lernen? Das kann am Liking Gap liegen.
Der Liking Gap wurde in einer Studie von einem Team rund um die Forscherin Erica Boothby von der amerikanischen Cornell University untersucht. Sie fand heraus, dass viele Menschen sich chronisch unterschätzen in Bezug darauf, wie sehr ihre Gesprächsgegenüber sie mögen und ihre Gesellschaft geniessen.
Lernst du gerne neue Leute kennen?
Einer der Hauptgründe für den Liking Gap ist unser innerer Kritiker. Wer kennt sie nicht, die strenge, stets anspruchsvolle Stimme in unserem Kopf, die uns oft ein Gefühl der Unzulänglichkeit vermittelt. Das Problem: Wir denken dann häufig, dass andere genau so über uns denken. Dabei sind die Menschen meist viel wohlwollender als unser harscher, innerer Kritiker.

Unsere Mitmenschen sind in der Beurteilung meist wohlwollender als unsere innere, kritische Stimme.
Nur ist es halt unüblich, nach einem Gespräch die Person einfach zu fragen, wie sehr sie uns nun mag. Wir sind also auf die eigene Einschätzung angewiesen – und hören dann zu stark auf die kritische Stimme in unserem Kopf.
Dabei gilt es nicht zu vergessen: Die neuen Bekanntschaften haben selbst oft mit den gleichen Zweifeln zu kämpfen. Während des Gesprächs sind sie möglicherweise genau so unsicher und achten viel mehr darauf, wie sie selbst wirken, als haargenau zu beobachten und zu beurteilen, was du gerade sagst.
Selbstreflexion ist wichtig
Natürlich ist es nicht schlecht, sein Verhalten immer mal wieder zu hinterfragen und sich zu überlegen, wie man auf andere Menschen wirkt. Nimmt das Grübeln darüber aber überhand und mündet in systematischer Selbstabwertung, kann sich das negativ auf unser Wohlbefinden auswirken.
Wenn du also das nächste Mal glaubst, dich in einem Gespräch ungeschickt angestellt zu haben, denke daran: Die andere Person denkt mit grosser Wahrscheinlichkeit das Gleiche über sich selbst und mag dich ganz gerne.
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