Uiguren-Gebiet XinjiangWarum bohrt China hier 10'000 Meter tief in die Erdkruste?
Im Tarimbecken im Westen Chinas will das Land 457 Tage lang in die Tiefe bohren. Offiziell geht es dabei um Forschung. Doch es gibt auch andere Theorien.
Darum gehts
China hat mit den Arbeiten für das bislang tiefste Loch des Landes begonnen.
Es soll – je nach Quelle – zwischen 9472 und 11’100 Metern tief in die Erde reichen.
Unklar ist, welchen Zweck das Ganze hat.
Während die Verantwortlichen von Forschungsarbeiten sprechen, führen andere Stellen die Suche nach neuen Energiequellen an.
China dringt nicht nur ins All vor, wo das Land etwa ein «kilometerlanges Raumschiff» plant, sondern auch ins Erdinnere: Forschende der chinesischen Akademie für Ingenieurwesen haben am 30. Mai 2023 in der Taklimakan-Wüste mit der Bohrung eines mehr als zehn Kilometer tiefen Loches begonnen. Das teilte die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua mit.
Die Wüste ist die zweitgrösste Sandwüste der Welt. Sie liegt im Uigurischen autonomen Gebiet Xinjiang. Die Verantwortlichen streben mit Deep Earth 1-Yuejin 3-3XC eine Tiefe von 11’100 Metern an (siehe Box). Dieses Ziel soll innerhalb von 457 Tagen erreicht werden, so Newscientist.com.
Rätselraten um tatsächliche Tiefe
Offizielle Begründung
Wang Chunsheng, einer der Forscher, bezeichnete das Bohren eines so tiefen Loches als «mutigen Versuch», das unbekannte Territorium der Erde zu erkunden und die Grenzen des menschlichen Verständnisses zu erweitern. Offiziell soll das Loch Forschungszwecken dienen und Informationen über den Aufbau des Erdinneren liefern.
In etwas mehr als einem Jahr wollen die Chinesen mehr als zehn kontinentale Schichten durchdringen und auf Gestein aus der Kreidezeit stossen, das mehr als 145 Millionen Jahre alt ist. Das soll dabei helfen, die Geschichte der Kontinente der Erde zu rekonstruieren, einschliesslich der Entwicklung von Landschaften, Klimaveränderungen und der Verbreitung von Leben. Ausserdem sei es möglich, vergangene Umweltkatastrophen zu identifizieren und künftige Risiken besser einzuschätzen.
Mögliche andere Erklärung
Ein weiterer möglicher Grund könnte die Suche nach neuen Energiequellen sein. Da an dem Projekt mit Sinopec einer der grössten Ölkonzerne des Landes beteiligt ist und das Loch in einer Gegend entsteht, die bekannt für ihre Ölfelder ist, steht die Vermutung im Raum, dass es auch um die Erschliessung neuer Rohstoffquellen gehen könnte. Dass das kein unmöglicher Gedanke ist, zeigt der Blick auf die Reaktionen auf eine Rede Xi Jinpings aus dem Jahr 2021 (siehe Box).
Vier strategische Ziele Chinas
Im Jahr 2021 forderte Chinas Präsident Xi Jinping die chinesische Wissenschaftsgemeinschaft dazu auf, bei der Erkundung tiefer Erdschichten neue Wege zu beschreiten. Gleiches forderte er auch für die Bereiche Weltraum, Tiefsee und «Deep Blue», worunter unter anderem Themen wie Cyberspace-Sicherheit und künstliche Intelligenz fallen.
Damals erklärten Fachleute, dass die Beschäftigung mit tiefen Erdschichten – neben anderen Absichten – wohl der Erschliessung neuer Mineral- und Energieressourcen dienen solle. Chinas wirtschaftlicher Wohlstand hänge stark von der Versorgung mit fossilen Brenn- und Rohstoffen ab, so der Geophysiker Liu Jiaqi. Laut Xu Yigang vom Guangzhou Institute für Geochemie legt China so grossen Wert auf die Erforschung tiefer Erdschichten, «weil das Land seine übermässige Abhängigkeit vom Import von Eisen, Kupfer, Nickel, Öl und Erdgas eindämmen muss.»
Auffällig ist auch der Ort der «Deep Earth 1-Yuejin 3-3XC»-Bohrung: Sie befindet sich in einer erdölreichen Region und liegt in der Nähe der Tarim-Ölfelder der China National Petroleum Corporation (CNPC). Der chinesische Auslandsfernsehsender CGTN sprach Anfang Mai von «Asiens grösstem Öl- und Gasbrunnen».
Sicher ist dagegen: Auch wenn ein über 10’000 Meter tiefes Loch nach Tiefenrekord klingt, es geht noch tiefer. Wo sich das weltweit tiefste menschengemachte Loch befindet, erfährst du in der Bildstrecke.
Warum bohrt China in die Tiefe?
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