Social MediaWarum drehen wir durch, wenn Instagram ausfällt?
Kaum sind Instagram und Co. offline, sind wir verunsichert und regen uns auf. Doch warum eigentlich? Und was passiert erst, wenn die Dienste mal länger nicht funktionieren?
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- qll

Wenn Instagram und Co. ausfallen, sei es auch nur für eine kurze Zeit, regen wir uns auf.
Facebook, Instagram, Snapchat und Co. sind ein wichtiger Teil unseres Alltags geworden. Wir nutzen die verschiedenen Social-Media-Plattformen meist täglich und verlassen uns darauf, dass sie einwandfrei funktionieren. Doch wenn diese ausfallen – sei es auch nur für eine kurze Zeit –, regen wir uns auf.
Das jüngste Beispiel: In den letzten Tagen funktionierte die Foto-Plattform Instagram nicht richtig. Zahlreiche User berichteten von Problemen bei der Anmeldung und wollten, dass man so schnell wie möglich etwas gegen die technischen Störungen unternimmt. So klagte 20-Minuten-Leser Claudio: «Man kann sich seit Freitag nicht anmelden. Es ist echt nervig.»
Keine Entzugserscheinung
Laut Social-Media-Experte Philippe Wampfler gibt es zwei Gründe, warum wir uns aufregen: «Die Plattformen haben erstens eine wichtige Kommunikationsfunktion im Sozialleben junger Menschen.» Bei einem Unterbruch könnten Botschaften nicht richtig platziert und wahrgenommen werden. «Zweitens gehören die Plattformen zur zentralen Infrastruktur, auf die man sich verlässt. Fallen sie aus, verunsichert das.» Viele würden sich dann Fragen stellen wie: «Bin ich als Einziger betroffen, wie lange dauert der Unterbruch wohl und woran liegt es?»
Unsere heftige Reaktion sei nicht auf eine Entzugserscheinung zurückzuführen, sondern ganz verständlich, wie Wampfler erklärt: «Erwachsene ärgern sich auch, wenn das Telefon oder Internet nicht funktioniert oder sie die Zeitung nicht erhalten.»
«Bedürfnisse werden nicht gestillt»
Auch für den Medienpsychologen Stefan Caduff ist unsere Reaktion auf die Ausfälle nachvollziehbar: «Die Plattformen haben nun einmal einen hohen Stellenwert bei jungen Menschen.» Durch Social Media werde das Gefühl von Verbundenheit empfunden. Auch würden die Kanäle zur Orientierung an andere Personen dienen. «Wenn die Plattformen ausfallen, können wir unsere Bedürfnisse nicht stillen. Das wiederum führt dazu, dass wir es nicht aushalten und dann ‹durchdrehen›.»
Caduff betont, dass nicht alle jungen Menschen so heftig auf einen Ausfall von Social-Media-Plattformen reagieren. «Das, was sie brauchen, können sie bereits im richtigen Leben gut abdecken. Ihre Abhängigkeit von den Plattformen ist tiefer.» Damit auch andere nicht so heftig reagieren, empfiehlt der Medienpsychologe, genau diese Abhängigkeit so tief wie möglich zu halten. «Geht raus, knüpft und pflegt Kontakte und holt eure Bestätigung auch offline.»
Menschen finden Wege
Falls unsere Social-Media-Plattformen allesamt für eine längere Zeit ausfallen sollten, sind sich beide Experten einig, dass wir Menschen uns gut an die veränderten Bedingungen anpassen könnten und Wege zur Kommunikation finden. Wampfler: «Vermutlich telefonieren wir wieder mehr oder schreiben eher SMS. Es ist nichts Schlimmes, dass wir Menschen uns an Kommunikationsformen gewöhnen, sondern absolut erwartbar.»
Auch Caduff ist überzeugt, dass wir den Ausfall aller Social-Media-Plattformen nur in der ersten Phase schlimm finden würden. «Der innerliche Druck würde sich in den nächsten Tagen und Wochen lösen und wir würden uns umorientieren. Vielleicht führt es dazu, dass wir neue Plattformen finden oder dass wir vermehrt offline unser Kommunikationsbedürfnis befriedigen.»