Moto2Warum Tom Lüthi ein heisser Titelkandidat ist
Tom Lüthi (24) ist nach dem 3. Platz beim GP von Holland in Assen einer der heissesten Anwärter auf den WM-Titel.
- von
- Klaus Zaugg ,
- Assen
Grosse Champions erzielen auch unter widrigen Umständen Spitzenresultate. So wie Tom Lüthi. Wenn er in Assen nicht aufs Podest (3.) gefahren wäre, so hätte er viele Ausreden gefunden.
Ausrede Nummer 1: Er war nicht hundertprozentig fit und das kann sich auf dieser für die Piloten auch physisch sehr anspruchsvollen Strecke auswirken. Im Abschlusstraining musste er bei rund 250 km/h einen Rutscher seiner Maschine auffangen und dabei ist durch den Schlag in die linke Schulter eine alte Verletzung (Luxation des Schlüsselbeines) wieder aufgebrochen Lüthi hatte sich die Blessur noch vor dem GP von England in Silverstone (wo er Platz 2 holte) durch einen Motocross-Sturz zugezogen (20 Minuten Online berichtete). Er warf Schmerztabletten ein und ignorierte diese Verletzung bei der Fahrt aufs Podest.
Ausrede Nummer 2: Das Missgeschick in der ersten Runde (Lüthi verschaltete sich, der Gang fiel raus) hätte einen mental schwächeren Piloten so lange aus dem Konzept gebracht und hoffnungslos zurückgeworfen. Lüthi stecke auch dieses Missgeschick weg und verlor den Anschluss and die Podestplätze nicht.
Ausrede Nummer 3: Teamchef Thirell Thien entschied in Absprache mit seinem Fahrer, das erste freie Training in Assen für Testzwecke zu nützen. Und so lag Lüthi nach dem ersten Tag noch hinter Dominique Aegerter auf Rang 19. Piloten mit einem weniger starken Selbstvertrauen hätten nach einem solchen Trainingsresultat grösste Mühe, gelassen zu bleiben und dann am zweiten Tag im Abschlusstraining in die vordersten Plätze zu fahren. Tom blieb cool und holte sich einen Platz in der ersten Startreihe.
Diese mentale Stärke war schon 2005 Lüthis Stärke, als er die 125er-WM gewann. Und auch damals führte er die WM erst in der zweiten Saisonhälfte an. Er hatte die WM-Führung sogar erst am 28. August in Brünn nach dem 10. von 16 Rennen übernommen.
Der aktuelle WM-Leader Toni Elias (27) liegt im Gesamtklassement 24 Punkte vor Shoya Tomizawa (19) und 26 Punkte vor Tom Lüthi. Nachdenklich betrachtete der Spanierhier in Assen nach dem Rennen das Blatt mit dem WM-Stand und sagte dann: "26 Punkte vor Lüthi? Das ist nicht genug. Aber besser als gar nichts".
Schöne Aussichten
Erst 6 von 17 Rennen sind gefahren. Tom Lüthis Teamchef Thirrell Thien glaubt, dass es möglich ist, dass einer ohne einen Sieg die WM gewinnen kann: "Wenn Tom beispielsweise die restlichen elf Rennen unter den ersten fünf ins Ziel kommt, ist er wahrscheinlich Weltmeister."
Elias führt in der WM, weil er bisher als einziger Fahrer in allen Rennen gepunktet hat. Seine Klassierungen: 4., 1., 1., 2., 10. und 2. in Assen. Tomizawas Rangierungen: 1., 2., Sturz, 6. und 6. in Assen. Lüthis Statistik: 7., 3., 19., 4., 2. und 3. in Assen.
Am nächsten Wochenende wird in Barcelona bereits der GP von Katalonien ausgefahren. Und dort zeigt sich zum ersten Mal in dieser Saison, ob das Selbstvertrauen von WM-Leader Toni Elias dem ultimativen Stresstest gewachsen ist: Der Erwartungsdruck auf den Spanier wird beim GP im eigenen Land himmelhoch sein - und es folgen in dieser Saison zwei weitere TP in Spanien - am 19. September in Aragon und beim WM-Finale am 7. November in Valencia.