Kein Platz im TeamWeber auf Abschiedstour?
Seit den Transfers von zwei Verteidigern zu den Montreal Canadiens spielt Yannick Weber nicht mehr regelmässig in der NHL. Das ist schlecht für seine Zukunft.
- von
- Jürg Federer
- USA

Yannick Weber (r.) muss plötzlich wieder um seinen Platz im Team der Montreal Canadiens zittern.
Es sollte die Saison des NHL-Durchbruchs von Yannick Weber werden. Doch je mehr sich der Frühling in Nordamerika durchsetzt und die Playoffs näherrücken, desto weniger setzen die Montreal Canadiens auf den Berner Verteidiger. «Die Transfer-Deadline Ende Februar war sicher nicht in meinem Sinne», zieht Weber gegenüber 20 Minuten Online Bilanz. Die Montreal Canadiens haben da mit Paul Mara (von den Anaheim Ducks) und Brent Sopel (von den Atlanta Thrashers) zwei Defensivverteidiger mit Gardemassen verpflichtet, limitierte Talente mit Einschüchterungspotential. Das sind alles Attribute, mit denen sich der 180 cm kleine und 88 kg schwere Offensivverteidiger Weber nicht messen kann.
Der Berner kam mit dem Ruf, ein guter Schütze und Powerplayspezialist zu sein, in die NHL. Zwei seiner drei Vertragsjahre mit den Montreal Canadiens verbrachte er vorwiegend in der zweitklassigen AHL, wo er zuletzt mit fast einem Skorerpunkt pro Spiel einfach zu gut war, um von den «Habs» ignoriert zu werden. Seit Mitte November gehört Weber zum Kader des NHL-Teams. Seither hat er solide für die Montreal Canadiens gespielt, er fiel weder auf noch ab und gab kaum einmal Anlass zu Diskussionen. Das ist ein gutes Zeugnis für einen Verteidiger. Aber als Scharfschütze und Powerplayspezialist hat Weber in 39 Spielen auch nur 1 Tor erzielt und das nicht einmal im Powerplay, für einen physisch limitierten Verteidiger ist das zuwenig, um die Herzen in Montreal zu erwärmen.
Im Schatten Subbans
Im Vergleich zu Weber hat sein um ein Jahr jüngerer Teamkollege P.K. Subban Duftmarken in allen NHL-Stadien gesetzt. Der Sohn von jamaikanischen Einwanderern ist in Montreal beliebt und in 29 weiteren NHL-Stadien die Reizfigur. Am vergangenen Freitag wurde er von den leidenschaftlichen Rangers-Fans im New Yorker Madison Square Garden während 60 Spielminuten ausgebuht. Wer im zarten Alter von 21 Jahren in der selbsternannt berühmtesten Arena der Welt vom unterhaltungsverwöhnten New Yorker Publikum erkannt, abgekanzelt und ausgebuht wird, hat alles richtig gemacht. Den Namen Yannick Weber kannten im Gegensatz zu Subban nicht einmal lokale New Yorker Journalisten. Sie kommentierten den Grund für die Anwesenheit eines Schweizer Mediums wie 20 Minuten Online mit einem gewohnt freundlichen Lächeln, um danach gleich auf der Mannschaftsaufstellung nachzusehen, in welchem Kader der unbekannte Weber denn figuriert.
Konkurrent Subban geschichtsträchtig
Zwei Tage nach dem Auftritt im Madison Square Garden spielten die Montreal Canadiens bei den Minnesota Wild. P.K. Subban erzielte auf dem Weg zum 8:1-Erfolg drei Tore für sein Team. Es war in der über 100-jährigen Geschichte der erfolgreichsten NHL-Organisation der erste NHL-Hattrick eines Rookie-Verteidigers. P.K. Subban ist damit im Alter von 21 Jahren in den mit Ruhm und Ehre überquellenden Geschichtsbüchern der Montreal Canadiens geführt und in den Analen des Madison Square Garden registriert. Yannick Weber schaute dem Geschehen untätig von der Pressetribüne aus zu. «Es ist schwierig, sich in Szene zu setzen, wenn man nur in jedem zweiten oder dritten Spiel eingesetzt wird», erklärt Weber seine aktuelle Situation. «Die Montreal Canadiens machen mir Mut und sie sagen, sie hätten Zukunftspläne mit mir, doch wie es wirklich weitergeht, wird sich erst im Sommer zeigen, wenn mein Vertrag ausläuft und ich mich für einen Verbleib in der NHL bewerben werde.»
«Die AHL ist kein Thema mehr»
In der Tat schaut es für Yannick Weber nach einem Photofinish aus, für das er von den Canadiens nur noch bedingt Spieleinsätze erhält, um das Rennen für sich zu entscheiden. Nächste Saison haben mit Jaroslav Spacek und P.K. Subban zwar nur zwei Montreal-Verteidiger gültige Verträge, doch die Verhandlungen mit den langzeitverletzten Andrej Markov und Josh Gorges sollen bereits laufen, Überraschungstransfer James Wisniewski kann sich auf eine satte Lohnerhöhung freuen und auch P.K. Subbans Verteidigungspartner Hal Gill soll in Montreal bleiben. Damit wären die sechs Verteidigungsplätze an der Sonne vergeben. Was für Weber im besten Fall übrig bleibt, ist die Rolle, die er zurzeit erfüllt: Der unbeliebte Platz auf der Pressetribüne, mit Chancen auf Teileinsätze in der NHL. Die Montreal Canadiens können ihm im Sommer einen weiteren Zweiwegvertrag anbieten, mit einer reglementarisch vorgeschriebenen Lohnerhöhung von zehn Prozent. Doch das ist nicht nach Webers Gusto: «Schliesslich ist alles, was zählt, dass ich in der NHL spiele. Die AHL ist für mich kein Thema mehr.»
Doch für einen Platz an der NHL-Sonne hat es in Montreal, jedenfalls für einen stillen und tadellosen «Chrampfer» wie Weber, keinen Stammplatz im Team. Bei seinen berechtigten Ansprüchen auf einen Stammplatz in einem NHL-Team muss Weber darauf hoffen, dass ihn die Montreal Canadiens im Sommer zu einem anderen Team transferieren. Wie schon zuvor Mark Streit hat auch Yannick Weber nach drei Jahren im Kader der «Habs» die besten Chancen auf eine NHL-Karriere, wenn er die kanadische Eishockeymetropole verlässt. Doch anders als damals Streit muss Weber auf den Goodwill der Montreal Canadiens hoffen. Die Rechte an ihm hält sein aktueller Arbeitgeber und das noch für mindestens vier weitere Jahre.