Israel: Worum geht es bei der Justizreform?

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IsraelWegen der Justizreform strömten Tausende auf die Strassen – warum soviel Zorn?

Seit Wochen treibt Israels rechts-religiöse Regierung mit aller Macht eine höchst umstrittene Justizreform voran. Am Montagabend kommt es plötzlich zu einem Kurswechsel. Warum sorgt diese Reform für so viel Chaos?

Karin Leuthold
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Karin Leuthold

In Israel demonstrieren seit Wochen Tausende gegen eine Justizreform.

20Min/Social Media

Darum gehts

  • Seit Januar treibt Israels rechts-religiöse Regierung eine Justizreform mit aller Macht voran. 

  • Am Montagabend kündigte Israels Polizeiminister eine Verschiebung der umstrittenen Reform an.

  • Lenkt Regierungschef Netanjahu noch ein?

Die Lage in Israel wurde immer dramatischer - im Zentrum der Massenproteste stehen die umstrittenen Gesetzespläne zum Umbau des Justizsystems von Regierungschef  Benjamin Netanjahu. Am Montag kündigte Israels Polizeiminister Itamar Ben-Gvir eine Verschiebung der Reform an, doch ganz weg vom Tisch ist das Thema damit nicht.

Worum geht es? Und warum wehrt sich das Volk so vehement dagegen? Ein Überblick:

Was will Netanjahu mit seiner Justizreform erreichen?

Die Justizreform zielt darauf ab, die Befugnisse der Justiz drastisch einzuschränken. Das geplante Gesetz soll der Regierung mehr Einfluss auf die Justiz geben, etwa bei der Aufhebung von Gesetzen oder bei der Ernennung der Obersten Richter. Dadurch würde die Macht des Obersten Gerichtshofs stark eingeschränkt, berichtet «Zdf.de». 

Wer steht hinter dieser geplanten Reform?

Die Justizreform ist ein zentrales Vorhaben der am weitesten rechts stehenden Regierungskoalition der Geschichte Israels, an der ultra-orthodoxe und erstmals rechtsextreme Parteien beteiligt sind.

Gibt es andere Länder mit ähnlichen Gesetzesänderungen?

Ja, die Pläne ähneln den Entwicklungen in Polen und Ungarn, wo ebenfalls rechtskonservative Regierungen versuchen, mehr Einfluss auf die Justiz zu gewinnen.

Warum wehren sich Zehntausende Israeli gegen die Reform?  

Kritiker sehen darin einen Angriff auf den Rechtsstaat, denn Israel hat keine Verfassung. Stattdessen fungieren die Grundgesetze als solche. Die Gegner warnen, es könne damit nahezu unkontrollierte Befugnisse der Legislative geben.

Dem Obersten Gerichtshof kommt daher eine umso wichtigere Rolle zu: Ihm obliegt das Urteil über ihre Verfassungsmässigkeit. So kann der Gerichtshof vom Parlament verabschiedete Gesetze derzeit noch ausser Kraft setzen, wenn er sie für diskriminierend hält.

Gibt es Israeli, die sich die Reform wünschen?

Ja. Mitglieder der Likud-Partei, zu der Netanjahu gehört, sowie rechtsextreme Kreise. Minister der rechten Regierung drohen mit Rücktritt, sollte der Regierungschef einlenken und die Pläne für eine Justizreform stoppen.

Könnte die Regierung die Reform noch zurücknehmen?

Polizeiminister Itamar Ben-Gvir einigte sich am Montagabend (27. März) mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf eine Verschiebung bis nach der Pause des Parlaments Ende Juli. Also ganz gestoppt sind die Pläne nicht.

Im Gegenzug werde eine «Nationalgarde» unter der Führung des rechtsextremen Ministers eingerichtet, erklärte ein Sprecher am Montag. Was dies konkret bedeutet, war zunächst unklar.

Wie waren die Reaktionen aus dem Ausland auf die Reform?

International lösten die Pläne erhebliche Kritik aus. Selbst die US-Regierung als wichtigster Verbündeter Israels zeigte sich in einer Stellungnahme «tief besorgt»: Angesichts der geplanten «grundlegenden Änderungen an einem demokratischen System» rief das Weisse Haus die israelische Führung «nachdrücklich auf, sobald wie möglich einen Kompromiss zu finden».

Auch Deutschland blickt mit Sorge auf die Entwicklung in Israel, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit.

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