Wegen Rasenmähens Nachbarn erschossen

Aktualisiert

Wegen Rasenmähens Nachbarn erschossen

Am Zürcher Obergericht ist ein 58-jähriger Bankangestellter wegen vorsätzlicher Tötung zu sieben Jahre Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er hat in Dübendorf seinen 81-jährigen Nachbarn mit sieben Pistolenschüssen gerichtet. Ein langjähriger Streit um das Rasenmähen hatte zur Bluttat geführt.

Vor Gericht kam der Schütze wegen eines psychiatrischen Gutachtens glimpflich davon.

«Er war wie ein Dämon über mir», erinnerte sich der heute 58-jährige Angeklagte am Montag vor dem Zürcher Obergericht an seinen früheren Nachbarn und an den Abend vom 22. Juni 2006 zurück. Die beiden Männer hatten sich in ihrer gemeinsamen Dübendorfer Liegenschaft an Rotbuchstrasse wieder einmal gestritten. Dabei soll der 81-jährige Rentner seinen Gegner als Lügner bezeichnet haben. Das war wohl der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Nachbarn mit sieben Schüssen gerichtet

Fest steht, dass der angetrunkene Angeschuldigte seine Pistole der Marke «SIG Sauer» mit acht Patronen lud und zunächst im nahen Wald einen Schuss in die Luft verfeuerte. Angeblich mit der ursprünglichen Absicht, sich selbst zu töten. Allerdings könnte es sich auch um einen Probeschuss gehandelt haben. Fest steht, dass der bewaffnete Bankangestellte um 22 Uhr in die nicht verschlossene Wohnung seines Nachbarn eindrang und diesen vor dem laufenden Fernseher überraschte. Das auf einem Sofa sitzende Opfer hatte keine Chance. Der Angeklagte begann zu schiessen und hörte nicht auf, bis sein ganzes Magazin geleert war. Von sieben Kugeln in Bauch und Beinen getroffen brach der Rentner zusammen. Der Schütze benachrichtigte darauf die Kantonspolizei Zürich und liess sich widerstandslos festnehmen.

Langjähriger Konflikt

Der lebensgefährlich verletzte Senior überlebte nicht. Ueber zwei Monate nach der Bluttat verstarb er im Spital an den Folgen eines Kreislaufversagens.

Vor Obergericht kam heraus, dass ein langjähriger Konflikt zum Kapitalverbrechen geführt hatte. Dabei galten Täter und Opfer früher als gute Kollegen. Im März 1993 hatten sie gemeinsam das Haus erworben. Sie kamen gut miteinander aus und organisierten für weitere Anwohner auch Festivitäten. Bis es Ende der neunziger Jahre anlässlich einer Gartenparty zu einem ersten Streit kam. Der Beginn eines langjährigen Konfliktes, der sich um den Unterhalt der Liegenschaft und dann vor allem immer wieder um das Rasenmähen drehte. So mähte der Angeklagte regelmässig die Wiese. Gegen den Willen des Rentners, der als zerstörerische Hindernisse nicht nur absichtlich Steine in den Rasen legte, sondern auch heimlich Zucker in den Tank des Rasenmähers warf.

Massives Alkoholproblem

Zum Tatmotiv zählte aber auch ein massives Alkoholproblem des Angeklagten.

Er lebte offensichtlich nach dem Grundsatz «lieber ein stadtbekannter Trinker als ein anonymer Alkoholiker.» In der Dübendorfer Gastroszene galt der Angeklagte als so genannter «Springer», der nach Feierabend immer die gleiche Beizentour in Angriff nahm. Wobei er von Weisswein jeweils auf Whiskey umstieg. Auch vor seiner Tat hatte er sich einiges hinter die Binde gekippt. Ein psychiatrisches Gutachten attestierte ihm für die Tatzeit eine verminderte Schuldfähigkeit im mittleren Grade.

Milde Strafe dank Gutachten

Der zuständige Staatsanwalt Ulrich Weder verlangte für den geständigen Angeklagten wegen vorsätzlicher Tötung eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren. Weder sprach von einem sehr schweren Verschulden und einem direkten Vorsatz des Täters. Der Verteidiger ging nur von einem Eventualvorsatz aus und forderte vier Jahre Haft. Zum Teil mit Erfolg. So setzten die Oberrichter einstimmig eine verhältnismässig milde Strafe von sieben Jahren fest. Die zuständige Referentin verneinte einerseits einen direkten Vorsatz. Andererseits warf sie die Ergebnisse des Gutachtens in die Waagschale. Was eine erhebliche Strafsenkung um 50 Prozent nach sich zog. Ein Oberrichter machte zudem tätige Reue des Todesschützen geltend. So sei dieser für die Beerdigungskosten eines Nachbarn aufgekommen. Während des Strafvollzugs wurde für den Angeklagten eine ambulante Alkoholentzugs-Therapie angeordnet. Weder zeigte sich unmittelbar nach der Urteilsberatung mit dem seines Erachtens zu milden Verdikt nicht zufrieden. Er zog in Erwägung, das Urteil anzufechten.

Attila Szenogrady

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