Hochhaussanierung in Bern Holligen: Über 100 Mieter müssen umziehen

Aktualisiert

Bern«Wegnahme der Heimat» – Über 100 Mieterinnen und Mieter müssen gehen

Wegen einer Totalsanierung wirft die Pensionskasse der Stadt Bern 84 Parteien aus ihren Wohnungen. Vor allem die älteren Bewohner trifft das hart.

Mara Wehofsky
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Mara Wehofsky
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Zwei Hochhäuser an der Berner Bahnstrasse sollen totalsaniert werden. Hierfür wurde den insgesamt 84 Parteien gekündigt. 

Zwei Hochhäuser an der Berner Bahnstrasse sollen totalsaniert werden. Hierfür wurde den insgesamt 84 Parteien gekündigt. 

20min/Mara Wehofsky
Das trifft vor allem die älteren Bewohnerinnen und Bewohner hart. Eine 88-jährige Frau lebt seit 60 Jahren im Block: «Ich hätte nach so langer Zeit nie mit einer Kündigung gerechnet.»

Das trifft vor allem die älteren Bewohnerinnen und Bewohner hart. Eine 88-jährige Frau lebt seit 60 Jahren im Block: «Ich hätte nach so langer Zeit nie mit einer Kündigung gerechnet.»

20min/Mara Wehofsky
Mit den Architekten hätte die PVK verschiedene Varianten geprüft, die beiden Gebäude könnten aber nur im Leerzustand saniert werden. 

Mit den Architekten hätte die PVK verschiedene Varianten geprüft, die beiden Gebäude könnten aber nur im Leerzustand saniert werden. 

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Darum gehts

  • Zwei Hochhäuser an der Berner Bahnstrasse sollen totalsaniert werden. Hierfür wurde den insgesamt 84 Parteien gekündigt. 

  • Das trifft vor allem die älteren Bewohnerinnen und Bewohner hart.

  • Laut PVK sei das Gebäude nur im Leerstand sanierbar.

Ende Februar hat die Personalvorsorgekasse der Stadt Bern (PVK) den Mieterinnen und Mietern zweier Hochhäuser an der Bahnstrasse 59 und 79 im Berner Holligenquartier gekündigt. Der Grund für die Massenkündigungen: Die beiden Hochhäuser sollen totalsaniert werden, wie die «Berner Zeitung» berichtet.

«Totale Unsicherheit, Wut, Angst und Verzweiflung»

Das trifft vor allem die älteren Bewohnerinnen und Bewohner hart. Hans-Ruedi Gerber, ein pensionierter Bähnler, fordert die Verlängerung der Auszugsfrist oder den Abbruch der Sanierungen. Seine Begründung: Berücksichtigung der gegenwärtigen Wohnungsnot und «mehr Gewicht den menschlichen Aspekten». In einem Aufruf im Hausflur schreibt der 78-Jährige: «Eine Verpflanzung dieser Menschen nach so vielen Jahren kommt einer Entwurzelung, respektive einer Wegnahme der Heimat gleich.» Unter den Bewohnerinnen und Bewohnern herrsche «totale Unsicherheit, Wut, Angst und Verzweiflung».

Eine 88-jährige Bewohnerin lebt seit 60 Jahren im Block. «Für mich ist das wirklich eine schlimme Erfahrung. Ich hätte nach so langer Zeit nie mit einer Kündigung gerechnet.» Vor allem ihr hohes Alter erschwere es ihr, etwas Neues zu finden: «Die denken sich dann: Eine 88-jährige Frau, die bleibt doch nicht mehr lange.» 

In Nummer 79 wohnen zwei ältere Damen, beide Mitte 80, die die Situation entspannter sehen. Sie hätten noch zwei Jahre Zeit, um auszuziehen. Das Schwierige werde sein, bezahlbaren Wohnraum zu finden: «Ich möchte nicht mehr als 1500 Franken für eine Wohnung zahlen, sonst bleibt mir ja nichts mehr zum Leben übrig», sagt eine der beiden. Für ihre 4-Zimmer-Wohnung mit ungefähr 83 Quadratmetern zahle sie um die 1100 Franken – «das darf man gar nicht so laut sagen», fügt sie lachend an.

Bezahlbaren Wohnraum zu finden, …

Gebäude nur im Leerstand sanierbar

Jürg Schad, der Leiter der städtischen Pensionskasse, sagt zur «Berner Zeitung»: «Uns ist bewusst, dass wir den Mieterinnen und Mietern mit der Kündigung eine Hiobsbotschaft überbringen mussten.» Mit den Architekten hätte die PVK verschiedene Varianten geprüft, die beiden Gebäude könnten aber nur im Leerzustand saniert werden. 

Schad präsentiert eine Liste an substanziellen Mängeln, welche die Sanierungen rechtfertigen sollen: Die Hülle der 1960 gebauten Hochhäuser sei undicht und energietechnisch in einem schlechten Zustand. Auch das Flachdach, die Fassade, die Storen und Sonnenstoren und die Balkone seien sanierungsbedürftig. Marode Leitungen hätten zudem Wasserschäden verursacht und die Deckenheizungen seien rostig und würden immer wieder ausfallen. Eine Übergangslösung könne die PVK den Bewohnerinnen und Bewohnern der Bahnstrasse nicht anbieten: «Wir haben schlicht keine leeren Wohnungen», so Schad.

Rund 40 Prozent teurer

Heute bezahlen die Mieterinnen und Mieter im Mittel 177 Franken pro Quadratmeter und Jahr, das entspricht 1180 Franken für eine 80-Quadratmeter-Wohnung. Die PVK rechnet mit einem Quadratmeterpreis von 247 Franken nach der Sanierung, die 80-Quadratmeter-Wohnung wird dann um 40 Prozent teurer und kostet 470 Franken mehr. 

Laut Berner Mieterverband nehmen solche Totalsanierungen in der Stadt zu. Sabina Maier vom Berner Mieterverband erklärt gegenüber der «Berner Zeitung», dass die Zunahme der Massenkündigungen auch damit zusammenhänge, dass viele der in den 60er- und 70er-Jahren errichteten Bauten das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hätten. Gebäude sollten zwar so unterhalten werden, dass es zu solchen Massnahmen nicht kommen müsse, aber das sei nun mal nicht immer möglich. Dass die Verantwortlichen den Bauprozess sozialverträglich gestalten und die Mieteranliegen mitdenken, das sei in solchen Fällen wichtig.

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