Obligatorischer Schwimmunterricht«Wegweisendes Urteil gegen politischen Islam»
Der Basler Islamist Aziz O. blitzt im Streit um den Schwimmunterricht seiner Töchter in Strassburg ab. Behörden und moderate Muslime reagieren erfreut.
- von
- daw
Der strenggläubige Muslim Aziz O. aus Basel weigerte sich, seine beiden Töchter gemeinsam mit Buben in den Schwimmunterricht zu schicken. Die Basler Behörden büssten ihn im Juli 2010 mit total 1400 Franken.
Den Fall zogen O. und seine Frau durch alle Instanzen. Am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg sind sie nun aufgelaufen. Die Richter sahen im Schwimmobligatorium keine Verletzung der Religionsfreiheit: Das Interesse an der Integration der beiden Kinder sei höher zu gewichten als die privaten Interessen der Eltern.
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Erleichtert ist der Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann (LDP): «Das Urteil bestätigt, dass die Schulbehörden sorgfältig vorgegangen sind.» Die Richter in Strassburg hätten die wichtige Rolle der Volksschule bei der Integration gewürdigt. Das Ziel – eine Teilnahme der Kinder am Unterricht – sei leider trotz der Busse nicht erreicht worden, sagt Eymann. Weitere Sanktionen seien kein Thema gewesen: «Wir können niemanden polizeilich in den Schwimmunterricht abführen lassen.»
Mittlerweile haben die Mädchen ein Alter erreicht, wo es keinen gemischten Schwimmunterricht mehr gibt. Laut Eymann verhält sich eine «verschwindend kleine Minderheit» renitent. «Weniger als zehn Kinder» im Kanton dürften den Schwimmunterricht nicht besuchen. Das Ziel müsse sein, dass alle Kinder am Unterricht teilnehmen könnten, damit sie nicht ausgeschlossen würden.
«Er kann in die Türkei zurück»
Ebenfalls erfreut ist Saïda Keller-Messahli vom Forum für einen fortschrittlichen Islam: «Es ist ein wegweisendes Urteil gegen den politischen Islam.» Aziz O. gehe es darum, im Namen der Religion die Gesellschaft zu verändern. Er hatte sich 2010 in einem SRF-Dokumentarfilm zur Scharia bekannt.
Umso wichtiger sei es, dass religiös begründete politische Forderungen nicht geduldet würden, sagt Keller: «Aziz O. ist Schweizer. Wir müssen uns fragen, ob er die Staatsbürgerschaft verdient hat. Das renitente Verhalten ist ein klares Signal, dass der Mann unsere demokratische Gesellschaft nicht akzeptiert.» Als Doppelbürger könne er ja in seine türkische Heimat zurückkehren.
IZRS: «Schwimm-Zwang nicht zielführend»
Kritik am Urteil der Strassburger Richter übt der radikale Islamische Zentralrat der Schweiz: «Es ist nicht zielführend und entspricht nicht dem Geist einer freiheitlichen politischen Ordnung, wenn man Menschen gegen ihr Gewissen zwingt, am Schwimmunterricht teilzunehmen», sagt Sprecher Qaasim Illi.
Persönlich halte er den Burkini für eine «akzeptable Lösung». Aber: «Es gibt Eltern, die ganz auf gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht verzichten möchten. Für sie ist das Urteil sicher ein starker Einschnitt in ihre Religionsfreiheit.» Aziz O. war für 20 Minuten nicht zu erreichen.