StudieWeibliche Chefs sind so machtgeil wie Männer
Frauen führen ebenso hart wie ihre männlichen Kollegen, zeigt eine neue Studie. Schweizer Wirtschaftsfrauen wünschen sich mehr Weiblichkeit in Chefetagen.
- von
- Valeska Blank
Weibliche Chefs kooperieren besser als männliche, sorgen für gute Stimmung und sind sozialkompetenter. Zu solchen oder ähnlichen Ergebnissen sind in den vergangenen Jahren unzählige Studien gekommen. Doch nun hat eine neue Befragung ergeben: Frauen im Chefsessel sind noch unverträglicher als männliche Kollegen. Auch puncto Machtwillen und Selbstdarstellung stehen Frauen, die es bis an die Spitze eines Unternehmens geschafft haben, den Männern in nichts nach. Kurzum: Frauen sind keineswegs die angenehmeren Vorgesetzten.
Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Hohenheim und der German Graduate School of Management and Law (GGS). 500 männliche und weibliche Führungskräfte wurden über ihre «dunklen» Persönlichkeitsmerkmale befragt, etwa überzogenes Selbstbewusstsein, Eitelkeit, Härte, Zynismus oder emotionale Kälte. Das Ergebnis: Bei diesen Merkmalen unterscheiden sich weibliche und männliche Führungskräfte nicht wesentlich voneinander.
Studienautorin Marion Büttgen von der Universität Hohenheim war überrascht von den Ergebnissen. «Es war wohl ein Vorurteil, dass Männer stärker ausgeprägte dunkle Persönlichkeitseigenschaften als Frauen haben.» Wie die Befragung zeige, würden Chefinnen im selben Ausmass wie Chefs nach Macht und Anerkennung streben und könnten genauso manipulativ und gewissenlos sein. «Wie die Männer sind weibliche Führungskräfte von ihrer Überlegenheit überzeugt und mögen es, über andere bestimmen zu können.»
Männliches Verhalten führt zu Erfolg
Im Gegensatz zum Führungsalltag verhalten sich Frauen im Privatleben eher kooperativ und weniger wettbewerbsorientiert, heisst es in der Erhebung weiter. Warum also gebaren sich weibliche Chefs in der Arbeitswelt wie Männer? «Wer auf der Karriereleiter nach oben will, muss wohl über dunkle Persönlichkeitsmerkmale verfügen», erklärt Christian Mai, Studienverantwortlicher bei GGS. Viele Branchen seien immer noch Männerdomänen. «Deshalb sind Führungsfrauen quasi dazu gezwungen, sich wie ihre männlichen Kollegen zu verhalten, wenn sie als starke Chefin angesehen werden wollen.»
Ausserdem seien viele der beschriebenen dunklen Eigenschaften, die die Studienautoren unter Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie zusammenfassen, Voraussetzung für den Chefposten, so Mai: «In einem gesunden Mass braucht es diese, um als Chefin oder Chef erfolgreich zu sein.»
«Hört auf, euch wie Männer zu benehmen»
Dass Frauen ihren Führungsstil oft demjenigen der Männer angleichen, hat Clivia Koch, Verbandspräsidentin von Wirtschaftsfrauen Schweiz, selbst erlebt. Sie schildert einen Fall einer gutaussehenden, blonden Chefin, die ein Jahr nach ihrem Amtsantritt ihre Haare dunkel gefärbt habe und nur noch im schwarzen Anzug zur Arbeit gegangen sei. «Wegen eingefahrener Denkmuster werden männliche Attribute wie Härte vielerorts immer noch mit Führungserfolg gleichgesetzt», so Koch, «und leider glauben auch viele Frauen selber, dass sie sich im Arbeitsleben wie Männer verhalten müssen.»
Doch so ein Auftreten wirke in vielen Fällen nicht authentisch und oft verbissen. Darum rät Koch den Frauen in Schweizer Führungsetagen: «Hört auf, euch wie Männer zu benehmen und zu kleiden.» Stattdessen sollten Frauen zu ihrer Weiblichkeit stehen und ihre weiblichen Eigenschaften selbstbewusst in der Führung einsetzen: «Nur so kann sich die Art, wie Unternehmen geleitet werden, etwas ändern.»