Steuerdelikte: Welche Verantwortung tragen Banken-Chefs?

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SteuerdelikteWelche Verantwortung tragen Banken-Chefs?

HSBC-Chef Stuart Gulliver will nichts vom Swissleaks-Skandal gewusst haben. Kritiker halten das für «Quatsch».

von
Kaspar Wolfensberger
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Die Bank HSBC befindet sich wegen der Geschäftspraktiken ihrer Schweizer Filiale im Kreuzfeuer der Kritik.

Die Bank HSBC befindet sich wegen der Geschäftspraktiken ihrer Schweizer Filiale im Kreuzfeuer der Kritik.

Keystone/ian Langsdon
Stuart Gulliver, der CEO der HSBC-Gruppe findet allerdings, ihn treffe keinerlei Schuld. Er könne nicht jeden Mitarbeiter einzeln überwachen.

Stuart Gulliver, der CEO der HSBC-Gruppe findet allerdings, ihn treffe keinerlei Schuld. Er könne nicht jeden Mitarbeiter einzeln überwachen.

Keystone/AP/Dita Alangkara
Aufgedeckt wurde der HSBC-Skandal, weil Whistleblower Hervé Falciani den französischen Steuerbehörden Kundendaten verkaufte.

Aufgedeckt wurde der HSBC-Skandal, weil Whistleblower Hervé Falciani den französischen Steuerbehörden Kundendaten verkaufte.

Keystone/Giuseppe Lami

«Kann ich wissen, was jeder meiner 257'000 Angestellten genau macht? Natürlich nicht!» – Mit diesem Satz wies Stuart Gulliver, der Chef der britischen HSBC-Bankgruppe, die persönliche Verantwortung für den Swissleaks-Skandal von sich. In diesem sieht sich die Schweizer HSBC-Filiale mit happigen Vorwürfen wie der Beihilfe zu Steuerhinterziehung, Terrorfinanzierung oder Drogenhandel konfrontiert.

Es ist nicht das erste Mal, dass hohe Bankmanager mit solchen Argumenten eine Verantwortung für von ihren Angestellten begangene Delikte ablehnen. Als die Credit Suisse 2014 in den USA 2,8 Milliarden Dollar Strafe wegen Beihilfe zur Steuerflucht zahlen musste, klang es ähnlich. Verwaltungsratspräsident Urs Rohner und Konzernchef Brady Dougan sagten damals: «Persönlich haben wir eine weisse Weste.»

«Das ist absoluter Quatsch»

Rohner erklärte ausserdem, dass die CS intern eine Regel gehabt habe, die von Angestellten verlangte, die Rechtsordnung anderer Staaten zu respektieren. «Ich bin enttäuscht, dass diese Regel missachtet wurde», so sein Kommentar. Auf die Mitverantwortung der obersten Leitung der CS angesprochen erklärte Rohner, dass er Verantwortung insofern übernehme, als dass er mit Dougan die Bank durch eine schwierige Phase geführt habe.

«Diese Argumente sind absoluter Quatsch», sagte Henry Mintzberg, Betriebswirtschaftsprofessor an der kanadischen McGill-Universität, der «Financial Times». «Man kann einen Bankskandal als Manager nicht mit der Anzahl Mitarbeiter entschuldigen. Die Aufgabe eines CEO ist es, trotz der komplexen Strukturen den Überblick zu behalten.»

Bürokratie nimmt Überhand

In der Schweiz ist das Bankengesetz diesbezüglich klar. «Eine Finanzgruppe muss so organisiert sein, dass sie auch operationelle Risiken erfassen und überwachen kann», sagt ZHAW-Professorin Gabriela Nagel zu 20 Minuten. Die Geschäftsleitung einer Bank habe also dann ihre Pflicht wahrgenommen, wenn sie Kontrollsysteme installiert und anhand dieser die Umsetzung der vorgegebenen Regeln laufend überprüft, um Regelverstösse zu verhindern.

Bill Fischer, der an der privaten Lausanner Business-Uni IMD unterrichtet, nennt einen Grund, weshalb das manchmal so schwerfällt: «Die Bürokratie nimmt in grossen Firmen schnell Überhand und führt zu Unübersichtlichkeit», so der Experte. Von diesem Problem seien auch kleinere Institute betroffen. Eine mögliche Lösung sei die Verschlankung und Vereinfachung der Firmenstrukturen.

Gegenbeispiel Grübel

Genau diesen Ansatz hat man auch bei HSBC gewählt. «Unsere Gruppe hat die Art und Weise, wie sie strukturiert ist und kontrolliert wird, in den letzten Jahren bedeutend verbessert», so ein Sprecher zu 20 Minuten. In der Schweiz habe die HSBC Privatbank die Anzahl Kundenkonti von über 30'000 im Jahr 2007 auf circa 10'000 2014 reduziert. Ausserdem konzentriere sie sich nun auf eine kleinere Anzahl Zielmärkte.

Dass auch ein anderer Umgang mit Skandalen möglich ist, bewies 2011 die UBS. Als die Bank aufgrund unautorisierter Transaktionen Milliardenverluste hinnehmen musste, nahm Chef Oswald Grübel den Hut. Für ihn sei klar, dass er als CEO die volle Verantwortung trage, schrieb er damals. Und weiter: «Deshalb muss und will ich konsequent sein. Mein Rücktritt ermöglicht, dass die Aufmerksamkeit unserer Kunden und Investoren schneller wieder den Qualitäten und den Stärken unserer Bank gilt.»

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