GerichtsurteilWeniger Diensttage – Pflegeheime, Kitas und Schulen zittern um Zivis
Wegen eines Gerichtsurteils entfallen jährlich Zehntausende Arbeitsstunden von Zivis in Schulen, Altersheimen oder Spitälern. Für die Branchen, die so schon unter Personalmangel leiden, könnte das zum Problem werden.
Darum gehts
Weil ein Rekrut, der von der Durchdiener-RS in den Zivildienst gewechselt hat, vor Gericht ging, gelten seit kurzem neue Regeln.
Wer von der Durchdiener-RS in den Zivildienst wechselt, muss weniger Einsatztage leisten.
Wie viele Stunden wegfallen werden, ist noch unklar – die Zahl dürfte in die Zehntausende gehen.
Betroffen davon sind Pflegeheime, Schulen, Museen und viele weitere gemeinnützige Institutionen.
Sie arbeiten in Spitälern, gehen für ältere Menschen einkaufen und helfen bei der Pflege, unterstützen Lehrpersonen im Schulalltag, befreien Wiesen und Wälder von schädlichen Neophyten. Und sie helfen auch sonst dort aus, wo Personal gerade Mangelware ist: Zivildienstleistende sind in vielen Branchen zu einer unersetzbaren personellen Unterstützung geworden.
Jetzt fallen aber jährlich Zehntausende Arbeitsstunden weg. Grund dafür ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom letzten November: Ein Zivi, der von der Durchdiener-Rekrutenschule in den Zivildienst gewechselt hatte, gewann vor Gericht. Deshalb gilt jetzt eine neue Berechnungsgrundlage für die Diensttage im Zivildienst, wenn Rekruten die Durchdiener-RS abbrechen und in den Zivildienst wechseln (siehe unten).
900 Zivildienstleistende kontaktiert
Weil die Umsetzung des Urteils Vorlaufzeit benötigte, hat das Bundesamt für Zivildienst erst in den letzten Tagen Hunderte Zivildienstleistende kontaktiert: «Wir haben 700 Schreiben verschickt und zusätzlich mit 200 Betroffenen telefonisch Kontakt aufgenommen, etwa weil diese in einem laufenden Einsatz waren», sagt Thomas Brückner, Leiter Kommunikation beim Bundesamt für Zivildienst.
Warst oder bist du im Zivildienst?
Wie viele Tage die 900 jungen Männer noch zu absolvieren gehabt hätten, ist abhängig davon, wie viele Diensttage sie bereits in der Armee geleistet haben. Brückner kann nicht sagen, in welchen Branchen diese künftig fehlen werden, denn: «Die Zivildienstleistenden entscheiden innerhalb bestehender Regeln selbst, wo sie ihren Dienst absolvieren wollen. Es ist per Gesetz so geregelt, dass sie dies in Branchen tun, wo Personalmangel herrscht.»
1,7 Millionen Zivildiensttage jedes Jahr
Sprich: Pflegeheime, Schulen, Museen oder andere gemeinnützige Institutionen schreiben ihren Bedarf an Plätzen für Zivildienstleistende aus, diese können sich dann für die Stelle melden. «Es werden bewusst mehr Stellen ausgeschrieben, damit sicher jeder einen Platz findet und die obligatorischen 26 Tage pro Jahr absolvieren kann», sagt Brückner.
Exakte Prognosen, wie viele Diensttage aufgrund der neuen Regelung jedes Jahr wegfallen werden, sind laut Brückner nicht möglich. «Im Vergleich zu den jährlich 1,7 Millionen geleisteten Zivildiensttagen dürfte die Zahl aber geringfügig sein», sagt er.
Trotzdem: In Schulen, Pflegeheimen, Kindertagesstätte oder Museen werden die Zivis fehlen. «Sie sind in der Betreuung und Pflege von älteren Menschen insbesondere im stationären Umfeld eine wichtige Ressource geworden», sagt etwa Peter Burri Follath, Leiter Kommunikation bei Pro Senectute. «Wird diese nun beschränkt, könnte sich die Situation in der Betreuung und Alterspflege in Einzelfällen weiter anspannen.» Auch Schulen, Kitas und Museen schlagen Alarm.
So viele Stunden fallen weg
So funktioniert die neue Regelung
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