Plazenta-Esser: Wenn die Nachgeburt auf den Tisch kommt

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Plazenta-EsserWenn die Nachgeburt auf den Tisch kommt

Ganz ungewöhnlich ist es nicht, dass eine Frau nach der Geburt die Plazenta mit nach Hause nimmt. Dass sie sie isst, hingegen schon. Rezepte für Profis, Veganer und Trinkerinnen.

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Laut dem «New York Magazine» wollen immer mehr gewordene Mütter ihre Plazenta verzehren, üblicherweise präpariert als Pillen. Ihr Wirkstoff soll gegen postpartale Depressionen wirken, die Milchproduktion anregen, die Gebärmutter stärken und dem Körper alle Nährstoffe zurückgeben, die er während der Schwangerschaft über die Plazenta dem Nachwuchs abgegeben hat.

Eine gute Sache, sagte sich die Amerikanerin Jennifer Hughes und schwatzte dem Spitalpersonal ihre Nachgeburt aus «kulturellen Gründen» ab, wie das «New York Magazine» weiter schreibt. Sie beauftragte die «Brooklyn Placenta Services» mit der Abholung und Zubereitung.

Ein Blut-Abdruck als Kunstwerk

Bei den Hughes angekommen, verleiht die professionelle Plazenta-Zubereiterin Jennifer Mayer der kostbaren Ware in ihrer Kühlbox die Prädikate «perfekt», «schön» und «wertvoll». Nach genauem Studium des schwammigen Klumpens meint sie, dass einige Plazentas «Kummer, Trauer oder Unsicherheit ausstrahlen». Doch mit dem Fruchtkuchen von Hughes ist Meyer vollumfänglich zufrieden. Er sei ziemlich freudvoll, gross und rund. «Und so frisch!»

Dann macht Meyer sich an die Arbeit. Zuerst drückt sie ein saugfähiges Blatt Papier auf die Nachgeburt, bis ein schöner, blutiger Abdruck entsteht, den sich Frau Hughes an die Wand hängen kann. Der Rorschach-Blut-Print (welcher laut Meyer einen Lebensbaum darstellt) gehört wie die Pillen und das getrocknete Stücklein Nabelschnur als Andenken zum Paket, welches Hughes bei Meyer bestellt hat.

Mit dem Messer entfernt sie die zähen, weissen Membranen. Dabei sendet sie positive Energie aus. «Ich denke an Frieden, Hoffnung und Erholung.» Dabei tupft sie immer wieder Blut weg, für eine Plazenta verbraucht sie eine ganze Rolle Haushaltspapier.

Schmeckt wie Trockenfleisch

Dann schneidet sie den Fruchtkuchen in zwei Stücke. Das eine bereitet sie nach der traditionellen chinesischen Methode zum Trocknen vor. Es wird zusammen mit Ingwer, einer Zitrone und einer Jalapeño-Paprika gekocht. Die andere Hälfte wird luftgetrocknet. Die trockene Plazenta wird dann zu Pulver gemahlen, so entstehen rund 150 Pillen.

Während Meyer die Pillen abfüllt, kommen die Hughes mit ihrem Neugeborenen nach Hause. Doug, der frischgebackene Vater, kann der Versuchung nicht wiederstehen und nimmt sich ein Stücklein getrocknete Nachgeburt, ein Versucherlein. Sein Urteil: «Es schmeckt wie Trockenfleisch.»

Ein Bloody-Mary, der seinen Namen verdient hat

Nicht alle potenziellen Plazentaesserinnen überlassen die Verarbeitung einer Expertin. Das «New York Magazine» kennt verschiedene Fälle, in denen die Mütter ihren Mutterkuchen gleich selber präparieren. Zum Beispiel eine ehemalige Veganerin, die während ihrer Schwangerschaft immer wieder der Heisshunger auf Organe überkam. Sie ass Rinderherzen und Knochenmark. Da lag das Verzehren der Plazenta auf der Hand. Sie nahm die Nachgeburt nach Hause, steckte ein Stück davon zusammen mit Kokosnuss-Wasser und einer Banane in den Mixer - das gab ihr den «ultimativen Kick».

Eine weitere frischgebackene Mutter trank einen Smoothie, in dem Plazenta-Stückchen eingelegt waren, eine andere hatte den Mutterkuchen zerschnitten und trocknen lassen. Ein paar Stückchen hat sie schon gegessen, der Rest liegt für den späteren Verzehr in der Speisekammer bereit. Doch man muss die Nachgeburt nicht unbedingt kauen. Trinkt man das Plazenta-Blut, soll dies die gleiche heilsame Wirkung haben. Man könne es – so ein weiteres Rezept – einfach in einen Bloody Mary tröpfeln lassen.

Wie die Tiere

Ganz abwegig ist es nicht, eine Plazenta zu verspeisen. Denn was viele Tiere tun, kann ja nicht verkehrt sein. Und doch meint Mark Kristal, Verhaltensforscher an der Uni von Buffalo, dass der Glaube an die Wirkung der Plazenta-Pillen nicht auf wissenschaftlichen Fakten beruhe. Es sei eine reine Modeerscheinung, die alle zehn oder 20 Jahre wieder aufkomme.

Wer nun ein wenig gluschtig auf einen Happen Nachgeburt geworden ist, der kann im Video, welches «The Huffington Post» aufgeschaltet hat, sehen, wie es geht.

Bitte beachten Sie dabei, dass Sie nur Ihre eigene Plazenta für die Weiterverarbeitung benützen dürfen!

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