Jugendsession«Wenn dieser Raum nur öfters so voll wäre...»
Bundesrat Alain Berset hat im Bundeshaus die Jugendsession eröffnet. Er kritisierte dabei das landläufige Vorurteil, dass die Jugend an Politik nicht interessiert sei.

Bundesrat Alain Berset: So mancher, der nicht flexibel genug sei, zerbreche an der Leistungsgesellschaft.
Das Bundeshaus gehört dieses Wochenende ganz den Jungpolitikern: Die Teilnehmenden der 21. Eidgenössischen Jugendsession debattieren über aktuelle Themen, stellen Forderungen - und ernten dafür Lob von Bundesrat Alain Berset.
«Wenn dieser Raum nur öfters so voll wäre...», scherzte der Innenminister zu Beginn seiner Eröffnungsrede am Samstagvormittag im Nationalratssaal. Die Jugendlichen widerlegten mit ihrem Einsatz das landläufige Vorurteil eindrücklich, dass die jüngere Generation an Politik nicht interessiert sei.
Er spüre nichts von einer «Generation Bünzli», von «braven Jugendlichen», wie kürzlich eine Schweizer Zeitung getitelt habe. Im Gegenteil: Die heutige Jugend sei politischer als die 68er, wenn man die Teilnahme an nationalen Wahlen und Abstimmungen betrachte.
«Sie sind die erste Generation, für die nicht nur das Internet, sondern auch die Globalisierung die Normalität darstellt. Sie können gar nicht anders, als hochpolitisch sein: Sie müssen verstehen, was der Aufstieg Indiens bedeutet, wie China tickt, wie die USA sich verändern», sagte Berset.
Es sei eine Aufgabe für die Jugend, diesen Blick nach aussen mit demjenigen nach innen zu vereinen. Denn die jetzige Schweizer Politik habe damit manchmal ein wenig Mühe.
Berset, selbst erst 40 Jahre alt, forderte die Jugendlichen dazu auf, Verantwortung für ihre und die Zukunft der anderen wahrzunehmen. «Wir brauchen euer Engagement, um die Schweiz voranzubringen.»
Preis für Einsatz in der Bildungspolitik
Das Plenum der Jugendsession gab ein Lob an die Politiker zurück. Zum fünften Mal wurde der Prix Jeunesse verliehen. Ein Preis für Politiker, die sich nach Meinung der Jugendlichen besonders für ihre Anliegen einsetzen. Der SP-Nationalrat Mathias Reynard machte dabei das Rennen vor Nationalrätin Viola Amherd (CVP/VS) und der ehemaligen Berner Regierungsrätin Dora Andres (FDP).
«Vor wenigen Jahren sass ich im Jugendparlament im Wallis und hätte nie gedacht, dass ich heute Nationalrat sein werde und diesen Preis von euch in Empfang nehmen darf», sagte der Walliser Reynard.
Die Jugendlichen würdigten Reynard für seinen Einsatz in der Bildungspolitik. So fordert er beispielsweise mit der parlamentarischen Initiative «Schluss mit der Erhöhung der Studiengebühren», dass Hochschulen für alle Bevölkerungsschichten zugänglich bleiben.
Das mit 25 Jahren momentan jüngste Parlamentsmitglied ist Nachfolger von Nationalrat Luc Barthassat (CVP/GE). Dieser überreichte Reynard den Preis - eine symbolische «Vetoglocke der Jugend». Barthassat war im Vorjahr für seinen Einsatz für jugendliche Sans-Papiers geehrt worden.
Schlussabstimmung am Sonntag
Höhepunkt der Jugendsession bildet jeweils die Schlussabstimmung über die Petitionen am Sonntagabend. Ziel ist es, für ein Anliegen an der Plenarversammlung eine Mehrheit zu erreichen, damit die politische Forderung dem Nationalratspräsidenten Hansjörg Walter (SVP/TG) überreicht werden kann.
Auf der Traktandenliste stehen Themen wie die Energiepolitik, der Datenschutz oder die demografische Alterung. Diese wurden am Donnerstag und Freitag in Gruppen unter Anleitung von Experten und Politikern behandelt. (sda)