14. JuniWer am Frauenstreik teilnimmt, riskiert den Job
Am 14. Juni ist Frauenstreiktag. Firmen setzen sich zwar für die Gleichstellung ein, bei unerlaubten Absenzen zeigen sie aber wenig Verständnis.
- von
- Dominic Benz
Gewerkschaften und Vereinigungen fordern Schweizer Frauen auf, am 14. Juni ihre Arbeit niederzulegen und für die Gleichstellung auf die Strassen zu gehen. Gefordert werden Lohngleichheit, Null-Toleranz gegenüber Sexismus und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
Allerdings zeigen einige Firmen wenig Verständnis für echte Streikende. Der Milchverarbeiter Emmi teilt auf Anfrage mit: «Ohne Erlaubnis wäre ein Streiktag eine unentschuldigte Absenz, was im Minimum zu einer Verwarnung führen würde.» Auch bei der SBB müssen streikende Mitarbeitende «mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen».
Mögliche Konsequenzen bei Migros und Swisscom
Bei der Migros klingt es weniger drastisch. Wenn jemand unentschuldigt nicht zur Arbeit erscheine, liege es im Ermessen des Vorgesetzten, ob man die üblichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen einleite, so die Detailhändlerin. Der Frauenanteil in der Belegschaft in der Migros-Gruppe liegt bei 61 Prozent.
Konsequenzen sind auch bei der Swisscom möglich. Man gehe zwar davon aus, dass die Mitarbeitenden ihre Teilnahme am Frauenstreiktag mit ihren Vorgesetzten abstimmten, so der Telecom-Konzern. «Sollte tatsächlich eine Mitarbeiterin ohne Erlaubnis der Arbeit fernbleiben, würden wir allfällige arbeitsrechtliche Konsequenzen im Einzelfall prüfen.»
Streiken nur in der Freizeit
Andere Firmen halten sich betreffend Konsequenzen bedeckt. Die Arbeitgeber betonen aber, dass eine Teilnahme am Streik in die Freizeit fallen müsse. Bei der Credit Suisse kann die Abwesenheit «im Rahmen der geltenden Jahresarbeitszeit kompensiert werden». Bei der UBS darf man zudem einen Ferientag beziehen. Auch bei Ikea, Lidl Schweiz, Nestlé oder Coop soll man für den Streik Freizeit freischaufeln.
Flexibler gibt sich die Post. «Bei einem Streik werden keine disziplinarischen Massnahmen ergriffen», so das Unternehmen. Auch beim Unispital Zürich zeigt man sich wohlwollend, sofern die medizinische Versorgung der Patienten jederzeit sichergestellt ist. Streikende Mitarbeiterinnen hätten «mit keinerlei personalrechtlichen Konsequenzen zu rechnen», sagt eine Sprecherin. Der Frauenanteil liegt im Unispital bei rund 70 Prozent.
«Neuverhandlung der Rollenverteilung»
Doch kann man überhaupt noch von einem Streik sprechen, wenn man dafür die Erlaubnis des Arbeitgebers braucht? Laut Anne Fritz, Frauenstreik-Koordinatorin beim Gewerkschaftsbund, gehe es beim Frauenstreik darum, die Problematik der Gleichstellung auf verschiedenen Ebenen aufzuzeigen. «Auch die unbezahlte Arbeit der Frauen ist Arbeit», so Fritz. Es gehe zum einen um die bessere Bezahlung im Job, aber auch um die Neuverhandlung der Rollenverteilung beim Hüten der Kinder, beim Kochen und im Haushalt.
Von den Drohungen der Arbeitgeber hält Fritz nichts. «Das sind Repressionen, die den Frauen Angst machen sollen.» Immerhin sei das Streikrecht in der Verfassung verankert. Sollte es dennoch Probleme am Arbeitsplatz geben, gibt es für die streikenden Frauen Hilfe. «Die einzelnen Gewerkschaften unterstützen ihre Mitglieder und bieten in Bezug auf den Streik Rechtsschutz», sagt Fritz.
Keine gesetzliche Grundlage
Laut Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Uni Zürich, gibt es für das unentschuldigte Fernbleiben von der Arbeit wegen politischen Interessen keine gesetzliche Grundlage. Denn beim Frauenstreik handelt es sich rechtlich nicht um einen Streik, da dieser sich nicht gegen den Arbeitgeber richtet.
Wer aufgrund einer Demonstration nicht am Arbeitsplatz erscheine, verletze die Arbeitspflicht. «Rein rechtlich droht der Mitarbeiterin das Gleiche, wie wenn sie unentschuldigt der Arbeit fernbleibt», sagt Rudolph. Dann könne es eine Verwarnung geben. Allenfalls drohe sogar eine Kündigung.
Mitarbeit: Dorothea Vollenweider
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