21 Asylgesuche: Wer erbarmt sich Edward Snowdens?

Aktualisiert

21 AsylgesucheWer erbarmt sich Edward Snowdens?

Der flüchtige Whistleblower Edward Snowden beantragt in 21 Staaten Asyl. Seine Hoffnungen ruhen auf Europa, dem linken Lateinamerika und den Grossmächten. Es sieht nicht gut aus.

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Nimmt man die Zahl der Asylgesuche als Gradmesser, dann muss Edward Snowdens Verzweiflung beträchtlich sein: 21 Länder hat er um Aufnahme gebeten. Die Auswahl verrät dennoch eine gewisse Systematik, lassen sich die Zufluchtsorte doch grob in drei Kategorien einteilen:

Europa

Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Spanien, Holland, Finnland, Irland, Polen, Schweiz, Norwegen, Island

«Dass ein einzelner EU-Staat vorprescht, ohne sich mit den anderen Mitgliedern abzusprechen, halte ich für unwahrscheinlich», sagt Sarah Progin-Theuerkauf, Professorin für europäisches Migrationsrecht an der Universität Fribourg. «Und angesichts der wichtigen transatlantischen Beziehungen dürfte sich Europa hier eher zurückhalten.» Sollte sich doch einer finden, müsste dieser Staat Snowden einen Passierschein ausstellen, mit dem er von Moskau direkt in das entsprechende Land fliegen könnte. Die ersten Reaktionen aus Europa sind ausnahmslos negativ (siehe Bildstrecke oben).

Auffallend abwesend auf der Liste der EU-Länder sind Grossbritannien und Schweden. Im einen sitzt Julian Assange faktisch unter Hausarrest, im anderen wird er von der Justiz gesucht. Der Wikileaks-Gründer unterstützt Snowden bei der Suche nach Asyl.

Zu den neun EU-Staaten kommen noch drei Nicht-EU-, aber Schengen-Staaten hinzu, darunter die Schweiz. Laut Professorin Progin-Theuerkauf dürfte das aber im Fall Snowden keine Rolle spielen. «Um ein reguläres Schengen-Visum zu beantragen, bräuchte er einen Reisepass.» Den hat Snowden nicht mehr, seit ihn die US-Regierung annulliert hat.

Immerhin könnte Snowden sich bei der Schweiz, Norwegen und Island auf eine gewisse humanitäre Tradition berufen. Ob diese eine Verärgerung der USA aufwiegt, darf allerdings bezweifelt werden. Darauf lassen auch erste Reaktionen aus der Schweiz schliessen. Ohnehin sei bislang kein Antrag eingegangen, sagte Céline Kohlprath, Sprecherin des Bundesamtes für Migration (BFM), am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.

Linksgerichte Länder Lateinamerikas

Ecuador, Bolivien, Venezuela, Nicaragua, Kuba

Im Normalfall würden die links-populistischen Regierungen Lateinamerikas keine Gelegenheit auslassen, um den USA eins auszuwischen. Doch wie Ecuadors Aufplustern und anschliessender Rückzug zeigt, könnte der Fall Snowden eine Nummer zu gross sein. Kuba, das als Transitland gehandelt wurde, hat 2006 versprochen, keine neuen US-Flüchtlinge mehr aufzunehmen.

Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro sagte am Montag in Moskau ausweichend, Snowden verdiene es, «von der Welt» beschützt zu werden. Sollte er in Venezuela einen Asylantrag stellen, werde er «eine Antwort» bekommen. Angesichts der Zurückhaltung Ecuadors und Venezuelas dürften auch Bolivien und Nicaragua eher zurückstehen.

Grossmächte

China, Russland, Indien, Brasilien

Drittens ruht Snowdens Hoffnung auf den Grossmächten. Sein Kalkül: Diese sind zu gross und zu bedeutend, als dass sie sich von den USA unter Druck setzen liessen. Auch hier sieht es nicht gut aus: Hätte China Interesse an einer Aufnahme Snowdens gehabt, hätte er kaum aus Hongkong ausreisen müssen.

Der Kreml liess am Dienstag verlauten, dass der 30-Jährige Dauergast am Flughafen Scheremetjewo sein Asylgesuch zurückgezogen habe. Dies tat er offenbar, weil der russische Präsident Wladimir Putin eine Aufnahme davon abhängig gemacht hatte, dass Snowden keine weiteren US-Geheimnisse mehr verrate.

Die indische Botschaft in Moskau habe am Dienstagmorgen einen Antrag erhalten, der nach eingehender Prüfung abgelehnt worden sei, teilte das indische Aussenministerium auf seiner Internetseite mit.

Brasilien ist derzeit mit innenpolitischen Problemen absorbiert und dürfte wenig Energie für ein Zerwürfnis mit den USA haben.

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