Geiseldrama AlgerienWer ist der einäugige Terrorist?
Er hat viele Übernamen: «Mister Marlboro» oder «der Unfassbare». Der einäugige Anführer der «Maskierten Brigade» hält 41 Ausländer in der Sahara fest. Wer ist Moktar Belmoktar?
- von
- gux

Der Algerier Moktar Belmoktar verlor sein linkes Auge, als er in den Neunzigerjahren in Afghanistan gegen die Sowjets kämpfte.
Islamisten haben 41 ausländische Geiseln – Iren, Norweger, Japaner, Briten und Amerikaner – auf dem algerischen Erdgaskomplex Ain Amenas tief in der Sahara-Wüste gefangen genommen. Ein britischer und ein algerischer Mitarbeiter der Gasanlage sind dabei offenbar getötet worden. Mittlerweile ist klar, wer hinter dem Angriff auf die Ausländer steckt: die «Maskierte Brigade» und ihr einäugiger Anführer Moktar Belmoktar.
Letzteren kennen Terrorexperten längst: «Er ist so etwas wie ein Piratenkönig der Sahara», sagt der britische Afrika-Experte Jon Marks. Als 19-Jähriger wurde Belmoktar Anfang der 90er-Jahre in einem afghanischen Trainingslager der Al Kaida ausgebildet. Hier soll er auch sein linkes Auge verloren haben, als er mit einer Granate hantierte.
Geiselnahmen und Schmuggel
Mit Zigarettenschmuggel machte der Mann, der vom französischen Geheimdienst als «unfassbar» bezeichnet wurde, ein ansehnliches Vermögen. Daher stammt auch ein weiterer Übername: Belmoktar wird auch als «Mister Marlboro» bezeichnet.
Belmoktar, der 1972 in Algerien geboren wurde, war in den vergangenen Jahren immer wieder in Geiselnahmen von Ausländern verwickelt und operierte wie viele Warlords der Region unter der Schutzherrschaft der Al Kaida des Islamischen Maghreb (AQIM).
Rehabilitation bei Al Kaida?
Allerdings scheint er sich mit der Gruppierung überworfen zu haben: Im Oktober meldete eine dschihadistische Webseite, dass Belmoktar seiner Führungsposition innerhalb der AQIM enthoben worden sei. Seither gilt er als unberechenbarer Draufgänger. Experten vermuten, dass die Gefangennahme der 41 Ausländer ein Versuch Belmoktars sein könnten, sich bei der AQIM zu rehabilitieren.
Belmoktar und seine «Maskierte Brigade» haben mit der Geiselnahme die
algerische Regierung düpiert. Diese denkt jetzt offen über einen möglichen internationalen Einsatz mit den USA und Frankreich in der Sahara nach. Ausserdem stehe die Regierung mit Stammesältesten der Tuareg in Kontakt, sagte ein Gewährsmann am Donnerstag. Die Tuareg sollen enge Verbindungen zu den Al Kaida nahestehenden islamistischen Extremisten haben. Algerien erhofft sich von ihnen Hilfe bei den Verhandlungen mit den Geiselnehmern.
Algeriens Kampf gegen den Terror
Islamisten der Gruppe «Maskierte Brigade» hatten am Mittwochabend nach eigenen Angaben 41 Ausländer auf einem Erdgasfeld im Süden des Landes in ihre Gewalt gebracht. Mindestens zwei Menschen wurden getötet.
US-Verteidigungsminister Leon Panetta sprach von einem «Terroranschlag» und drohte mit Gegenmassnahmen, ohne diese näher zu erläutern. Algerische Regierungstruppen blockierten am Donnerstagmorgen den Fluchtweg der Extremisten und kesselten sie mit Soldaten und Hubschraubern ein. Zuvor hatte Algerien der französischen Luftwaffe für ihren Kampf gegen die Rebellen im benachbarten Mali Überflugrechte gewährt und damit den Zorn der Islamisten auf sich gezogen.
Algerien ist das grösste Land auf dem afrikanischen Kontinent und gilt als Verbündeter der USA und Frankreichs im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Die Beziehungen zwischen Algier und Paris sind allerdings latent belastet durch die jahrzehntelangen Spannungen mit der früheren Kolonialmacht und den blutigen Unabhängigkeitskrieg vor 50 Jahren.