Austausch im Ausland«Wichtig ist, dass die Lehrlinge motiviert sind»
Mit Austausch-Projekten sollen Lehrlinge international Berufserfahrung sammeln. Darüber wissen viele jedoch nicht Bescheid. Vorreiter sind Grossfirmen.
- von
- T. Mathis
Lehrlingen ist oft nicht bewusst, dass sie einen Austausch machen können. Das beklagt Intermundo, der Dachverband zur Förderung von Jugendaustausch. Laut einer Umfrage wird mehr als die Hälfte der Jungen erst von der Berufsschule auf die Angebote aufmerksam gemacht.
Etabliert hat sich der Lehrlingsaustausch bereits bei international tätigen Unternehmen. Einer der Pioniere in diesem Bereich ist die Waadtländer Firma Bobst SA. Die Lehrlinge arbeiten zu zweit bis zu acht Monate bei einem Tochterunternehmen in Deutschland, England oder Italien. Der Aufenthalt wird von der nationalen Agentur Movetia und vom Betrieb finanziert.
Für internationale Arbeitswelt fit machen
«Das Ziel dieses Auslandspraktikums ist die Ausbildung von Monteuren, die international eingesetzt werden können, sowie die persönliche Weiterentwicklung der Lernenden», sagt Markus Mosimann, Leiter Berufsbildung bei Bobst SA. Zudem könne die Firma bei der Rekrutierung mit diesem Angebot werben.
Die Herausforderung bei der Planung sei, dass die Lehrlinge während des Austauschs gut betreut werden. «Wir arbeiten mit Berufsschulen und unseren Betrieben zusammen», so Mosimann. So könnten Lernende auch in Länder geschickt werden, die das duale System nicht kennen.
Lehrlinge gehen nach China und Brasilien
Bei der Ostschweizer Bühler-Gruppe sind seit 2008 bereits 136 Lernende zwei bis sechs Monate lang beispielsweise nach China, Brasilien oder Südafrika gegangen. «Mitarbeiter müssen heute über interkulturelle Kompetenzen verfügen», sagt Andreas Bischof, Leiter Berufsbildung. Zwei Drittel der Lehrlinge würden sich jeweils für die offenen Plätze bewerben.
Bund spricht finanzielle Mittel
Das Interesse an Austauschprojekten von Betrieben und Schulen zeigt sich auch bei Movetia, die für die Vergabe der Bundesgelder zuständig ist. «Wir konnten das Budget dieses Jahr mit qualitativ guten Projekten praktisch ausschöpfen», sagt Sprecherin Kathrin Müller.
Für den Bund ist die Förderung der Mobilität der Lernenden ein wichtiges Anliegen. «Der Zugang zu solchen Angeboten soll erleichtert werden», sagt Gaétan Lagger vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation. Ein Austausch fördere nicht nur den Spracherwerb, sondern sei auch für den beruflichen Erfolg in einer international ausgerichteten Arbeitswelt wesentlich.
«Es gibt genügend Angebote»
Der Schweizerische Gewerbeverband hingegen sieht bei einem Austausch während der Lehre auch Probleme. Er spricht sich dafür aus, dass dieser erst nach Abschluss der Grundbildung stattfindet. «Während der Berufslehre handeln sich die Lernenden mit einem Austausch bloss einen Rückstand und Lücken in der Ausbildung ein», sagt Sprecher Bernhard Salzmann. Der Aufenthalt in einem Land, das die duale Berufslehre nicht kenne, sei es besonders anspruchsvoll zu organisieren.
Beim Dachverband Intermundo heisst es, dass derzeit genügend Angebote für Lehrlinge vorhanden seien. «Lernende finden je nach beabsichtigter Dauer zahlreiche Möglichkeiten, einen Austausch zu machen», sagt Geschäftsleiter Guido Frey. Die wichtigste Voraussetzung für einen Austausch sei, dass die Lernenden motiviert sind.
Wo können sich interessierte Lehrlinge melden?
Die Lehrlinge können sich entweder an den Lehrbetrieb oder an die Berufsschule wenden. Viele Berufsschulen haben entsprechende Angebote. In grösseren Unternehmen werden zum Teil ebenfalls Austauschmöglichkeiten angeboten. Wollen Lernende den Austausch selbst organisieren, stehen ihnen verschiedene Fachorganisationen zur Verfügung. Eine Auswahl ist auf der Website des Dachverbands Intermundo zu finden.
Ein längerer Austausch ist für Lernende häufig erst nach Lehrabschluss möglich. In den Schulferien können sie während einiger Wochen einen Auslandaufenthalt machen.