Medienkonferenz Coronavirus - «Es infizieren sich wohl doppelt so viele Menschen, wie angegeben wird»

Medienkonferenz Coronavirus«Es infizieren sich wohl doppelt so viele Menschen, wie angegeben wird»

Seit Wochen sind 100% der Intensivbetten in Solothurn besetzt. Der Kanton führt nun ein 3-Phasen-Notfallmodell ein.

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Dienstag, 18.01.2022

Zusammenfassung

Die Medienkonferenz ist beendet. Hier noch einmal die wichtigsten Punkte in Kürze.

  • Der Kanton Solothurn rechnet bis Ende Januar mit zusätzlichen Infektionen und zahlreichen Ausfällen.

  • Kantonsärztin Yvonne Hummel geht aufgrund der hohen Positivitätsrate davon aus, dass sich bis zu zweimal so viele Menschen mit dem Coronavirus infizieren, wie die offiziellen Zahlen zeigen.

  • Sie betont, dass fast alle Intensivpatienten, die mit Corona eingeliefert werden, ungeimpft sind.

  • Der Kanton führt Notfallphasen ein. Zurzeit befindet sich Solothurn in Phase 0.

  • Phase 0: Normalphase: Solothurner Spitäler müssen möglichst viele Betten und Personal für Covid-Patienten bereitstellen.

  • Phase 1 (60 Covid-Patienten): Privatkliniken nehmen Covid-Patienten auf und stellen Personal zur Verfügung.

  • Phase 2 (90 Covid-Patienten): Alle Spitäler stellen Betrieb ein – abgesehen von Notfällen und Covid-Patienten. Privatkliniken nehmen mehr Patienten auf und müssen fast das ganze Personal zur Verfügung stellen. Keine nicht notwendigen Operationen sind mehr möglich.

Braucht es aktuell schärfere Massnahmen?

«Wir haben die Massnahmen in den Schulen akzentuiert», sagt Schaffner. «Der Regierungsrat unterstützt in der Vernehmlassung den Bundesrat. Wir sind der Meinung, dass es schweizweite Massnahmen braucht.»

Fragerunde beginnt

Nun bekommen Medienschaffende die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

«Die Schule ist nicht freiwillig»

Ankli kommentiert die Situation an den Schulen: «Die Schule ist ein grosses und kompliziertes System», sagt Ankli. «Wir kommen gut durch die Pandemie, wenn wir an den Schulen auch für eine Durchsetzung der Schutzmassnahmen sorgen.» Ankli spricht dabei die Maskenpflicht und die repetitiven Tests an und weist darauf hin, dass man sich dabei an die umliegenden Kantone angepasst habe.

«Grossanlässe wie Ski-Events mögen etwas irritierend wirken, aber die Teilnahme daran ist freiwillig», sagt Ankli. «Aber die Schule ist nicht freiwillig. Es ist darum klar, dass nicht genau die gleichen Regeln gelten können.»

«Wir verschärfen Massnahmen nicht auf Vorrat, sondern nur, wenn sie nötig sind. Und wir nehmen Massnahmen auch wieder zurück, wenn sie nicht mehr nötig sind», sagt Ankli.

Zivilschutz steht bereit

Brigit Wyss, Vorsteherin Volkswirtschaftsdepartement, erklärt den möglichen Einsatz des Zivilschutzes, der vom Bundesrat bereits im Dezember ermöglicht wurde.

«Ab der Phase 2 werden viele Patienten und gleichzeitig zahlreiche Ausfälle beim Personal erwartet», sagt Wyss. Der Zivilschutz des Kantons Solothurn stehe bereit zur Unterstützung.

«Es ist absehbar, dass auch der Zivilschutz nicht von Infektionen verschont bleibt», so Wyss. «Derzeit können pro Tag 90 Zivilschützende in 3 Schichten eingesetzt werden. Der Zivilschutz kommt nur zum Einsatz, wenn alle anderen Ressourcen ausgeschöpft sind», so Wyss. In den früheren Wellen wurden rund 20'000 Diensttage im Kanton Solothurn geleistet.

«Wir tun alles»

Werden die Notfall-Phasen in Kraft gesetzt, werden die Kosten stark ansteigen, so Schaffner. «Je nach Szenario kommen schwierige Zeiten auf unser Gesundheitssystem zu», sagt Schaffner. Der Zivilschutz könne auch in Alters- und Pflegeheimen zum Einsatz kommen. «Wir versuchen alles, dass die Gesundheitsversorgung im Kanton Solothurn gewährleistet ist.»

Wahleingriffe könnten bald eingestellt werden

Nun spricht Susanne Schaffner, Vorsteherin Departement des Inneren und damit Gesundheitsdirektorin. «In normalen Zeiten werden im Kanton Solothurn rund 40 Prozent aller Patientinnen und Patienten in Spitälern ausserkantonal versorgt», sagt Schaffner.

«Wir sind nun aber verpflichtet, als Kanton eine Notfallplanung zu erstellen», so Schaffner. «Zusätzliche Spitaleintritte und Personalausfälle müssen aufgefangen werden. Die Gesundheitsversorgung im Kanton Solothurn soll jederzeit gewährleistet sein.»

Der Notfallplan wurde in Zusammenarbeit mit den Spitälern erstellt. «Jetzt erweitern wir die Notfallplanung auf die Akutbetten», so Schaffner. «Wenn die Betten nicht mehr reichen, werden wir Patienten in die Privatklinik Obach verlegen.»

Es gibt drei Phasen, wie Schaffner erklärt.

  • Phase 0: Normalphase: Solothurner Spitäler müssen möglichst viele Betten und Personal für Covid-Patienten bereitstellen.

  • Phase 1: Privatkliniken nehmen Covid-Patienten auf und stellen Personal zur Verfügung.

  • Phase 2: Privatkliniken nehmen mehr Patienten auf und müssen fast das ganze Personal zur Verfügung stellen. Keine nicht notwendigen Operationen sind mehr möglich.

«Dürfen nicht alle gleichzeitig krank werden»

«Modellberechnungen sind unsicher, aber sie sind halt die Grundlage für unsere Planung», sagt Hummel. «Was die Szenarienplanung der Taskforce angeht, gehen wir davon aus, dass ein grosser Teil der Bevölkerung sich schnell ansteckt und gleichzeitig krank wird», so Hummel. Es könne 2-3 Prozent der Bevölkerung gleichzeitig betreffen. «Wir gehen davon aus, dass wir bis Ende Januar/Anfang Februar die Spitze dieser Welle erreichen werden.»

Der Kanton Solothurn rechnet mit 10-15 Prozent Ausfällen bei Mitarbeitenden in den nächsten Wochen. «Damit nicht alle Personen gleichzeitig erkranken, ist es wichtig, dass wir die Welle mit Massnahmen bekämpfen», so Hummel.

90 % Schutz vor Intensivpflege-Bedarf

«Die Impfung wirkt gegen Omikron weniger gut als gegen frühere Varianten», so Hummel. «Aber Geimpfte haben trotzdem einen gewissen Schutz. Der Schutz vor Hospitalisierung für Doppelt geimpfte liegt bei 60-70 Prozent, bei Booster von 80-85 Prozent. Der Schutz vor Intensivstations-Bedarf liegt bei 85 respektive 90 Prozent.» Die Impfung schütze damit sehr gut vor schweren Verläufen durch Omikron.

Sind Tests bei Omikron unzuverlässiger?

«Omikron zeigt einen anderen Krankheitsverlauf als die vorherigen Varianten», so Hummel. «Die Nasen/Rachen-Abstriche werden später positiv als bei früheren Varianten. Bei Omikron eignet sich darum vor allem der Speicheltest zur Früherkennung von asymptomatischen Personen.»

Die hohen Infektionszahlen führen zu Ausfällen in der Wirtschaft. Darum gelte es, mit den bekannten Mitteln die Kurve wieder zu senken. «Es ist sehr wichtig, Ansteckungen zu verhindern», so Hummel. Sie betont die Wichtigkeit von Masken, Lüften, Hygiene und repetitiven Tests.

Intensivpatienten meist ungeimpft

Der Kanton Solothurn hat derzeit 34 hospitalisierte Patientinnen und Patienten, 6 mehr als am vergangenen Freitag, wie Hummel sagt. «Die Bettenbelegung von Covid-Patienten auf IPS-Stationen hat abgenommen», sagt Hummel. Sie betont, dass fast alle Intensivpatienten, die mit Corona eingeliefert werden, ungeimpft sind.

Die Anzahl Todesfälle ist gegenüber der 2. Welle (bei der es noch keine Impfung gab) tiefer.

Doppelt so viele Infektionen

Yvonne Hummel, Kantonsärztin, spricht zur aktuellen Lage im Kanton Solothurn. «Seit dem 18. Dezember haben wir wieder einen starken Anstieg der Infektionszahlen», sagt Hummel. «Wir haben auch im Kanton Solothurn einen starken Anstieg. In den letzten Tagen haben sich die Zahlen auch bei uns auf sehr hohem Niveau stabilisiert. Allerdings haben wir eine sehr hohe Positivitätsrate. Idealerweise wäre sie unter zehn Prozent, bei uns ist sie bei 40%. Daher müssen wir von einer sehr hohen Dunkelziffer ausgehen. Wir gehen davon aus, dass doppelt so viele Menschen infiziert sind, als offiziell angegeben werden können.»

«System muss weiter funktionieren»

Remo Ankli, Landammann, Vorsteher Departement für Bildung und Kultur, ergreift als erster das Wort. «Es geht heute um die Planungs- und Vorbereitungsarbeiten im Kanton Solothurn», sagt Ankli. «Die entscheidenden staatlichen Systeme müssen weiterhin funktionieren.»

Es geht los

Die Medienkonferenz beginnt.

Teilnehmende

Um 13.30 Uhr werden deshalb die folgenden Personen über das weitere Vorgehen des Kantons Solothurn informieren:

  • Remo Ankli, Landammann, Vorsteher Departement für Bildung und Kultur

  • Susanne Schaffner, Vorsteherin Departement des Inneren

  • Brigit Wyss, Vorsteherin Volkswirtschaftsdepartement

  • Yvonne Hummel, Kantonsärztin

Aktuelle Situation

Die Intensivstationen des Kantons Solothurn sind seit Wochen zu 100 Prozent voll. Seit Ende Jahr ist zumindest die Anzahl der Covid-Patientinnen und -Patienten etwas gesunken, bleibt mit 62,5 Prozent im schweizweiten Vergleich aber deutlich am höchsten.

Medienkonferenz um 13.30 Uhr

Der Kanton Solothurn hat Massnahmen angekündigt um die ansteigenden Hospitalisierungen und Personalausfälle im Gesundheitssystem bewältigen zu können. Diese sollen heute um 13.30 Uhr in einer Medienkonferenz bekanntgegeben werden. Zusätzlich soll der Zivilschutz die Spitäler im Kanton unterstützen.

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