Wieso zeigt Kim Jong-un der Welt seine Tochter Ju Ae? 

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Eine Frage des BlutesWieso zeigt Kim Jong-un der Welt seine Tochter Ju Ae? 

Nordkoreas Diktator hat am Wochenende seine Tochter Ju Ae an einen Raketentest mitgenommen. Dass Kim Jong-un sein Kind der Öffentlichkeit zeigt, gilt als äusserst ungewöhnlich. Beobachter fragen sich, was es damit auf sich hat. 

Ann Guenter
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Ann Guenter

Das nordkoreanische Staatsfernsehen berichtet vom Raketentest mit Vater und Tochter.

Reuters

Darum gehts

Der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un hat der Öffentlichkeit am Wochenende während eines erneuten Raketentests seine mutmasslich älteste Tochter gezeigt – eine Premiere in Nordkorea, denn sowohl Kims Vater als auch sein Grossvater hatten ihre Kinder stets stark abgeschirmt und ihrem Volk erst präsentiert, als diese bereits erwachsen waren. 

Ju Ae ist maximal 13 Jahre alt und soll das älteste von Kims drei Kindern sein. Sie begleitete Kim beim zweiten Test einer Interkontinentalrakete innerhalb eines Monats. Die beiden wurden aus allen erdenklichen Winkeln und Distanzen aufgenommen, während sie Hand in Hand daher schlenderten, im Hintergrund die riesige neue Langstreckenrakete Hwasong-17. Der Interkontinentalrakete trauen Experten nicht nur zu, dass sie fast alle Länder der Welt treffen, sondern sogar die US-Raketenabwehr austricksen könnte.

Verschiedene Interpretationen

Dass Kim einen zweiten Test der Hwasong-17 veranlasste, sehen Analysten vor allem als Reaktion auf den Besuch der US-Vizepräsidentin Kamala Harris auf dem Gipfel der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec). Zudem sollte er wohl das Scheitern des Starts vom 3. November wettmachen und die technischen Verbesserungen der Hwasong-17 demonstrieren.

Warum Kim sich aber dazu entschloss, auch seine minderjährige Tochter bei diesem Test zu inszenieren, darüber herrscht bis zu einem gewissen Mass Ratlosigkeit. Einige asiatische Diplomaten sehen darin ein Signal an die Welt, dass Nordkorea auch mit der nächsten Generation eine Nuklearmacht bleiben wird. 

Zeichen gegen innen

via REUTERS

Andere Politanalysten gehen davon aus, dass dies vielmehr ein Signal gegen innen war: Kim wolle seine Familie als stabile Einheit darstellen und sich als liebender Familienvater inszenieren. Dabei wolle er seinem Volk klarmachen, dass er als Führer und Patriarch in der Lage ist, das Leben und das Eigentum des Landes in der unsicheren internationalen Lage zu schützen. 

Gleichzeitig solle die Tochter als Mitglied der Paektu-Blutlinie dargestellt werden, die nicht durch andere ersetzt werden könne. Paektu steht für den heiligen Berg, auf dem Kims Vater geboren sein soll und womit die Familie ihre Herkunft und Führungsanspruch begründet. 

Fragen zur Nachfolge

Mit der öffentlichen Vorstellung seiner Tochter wolle Kim ihr wohl den Weg zur Macht ebnen, damit sie in der streng patriarchalischen nordkoreanischen Gesellschaft akzeptiert werde, sind sich die meisten Beobachter einig. Unklar aber bleibt, wieso Kim, der noch keine 40 Jahre alt ist, bereits jetzt seine Nachfolge klarmachen will. 

Dass ein nordkoreanischer Machthaber sein Kind öffentlich zeige, sei tatsächlich aussergewöhnlich, sagt Ankit Panda vom Institut Carnegie Endowment for International Peace dem Sender CNN. Andererseits sei die Rolle der Minderjährigen bei dem Test von den staatlichen Medien nicht besonders hervorgehoben worden. 

So bleibt zum Grund des Auftritts Ju Aes einiges offen – doch, wie Analyst Panda hervorhebt: Das von Nordkorea veröffentlichte Video des Starts der Interkontinentalrakete Hwasong-17 dürfte für die westlichen Geheimdienste viel wertvoller sein als alles, was durch die Anwesenheit von Kims Tochter in Erfahrung zu bringen ist. 

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