«Deville»-NachfolgeFrauen als Comedians – «SRF müsste Zuschauern auf die Sprünge helfen»
Das SRF hält die Publikumsstudien zum kontroversen Comedy-Entscheid geheim. Mutmassliches Testergebnis: Das Publikum will keine Frau. Doch dem müsse sich das SRF nicht beugen, findet eine betroffene Comedienne.
Darum gehts
Das SRF sucht ein Nachfolge-Format für die Satire-Sendung «Deville».
Zwei Studien sollten dabei helfen, die Wünsche des Publikums diesbezüglich abzuholen.
Doch das SRF will die Studien sowie deren Resultate nicht rausrücken.
Wenn SRF die Diversität fördern wolle, müsse es Entscheidungen treffen und nicht auf Bemühungen verweisen, sagt Comedienne Lisa Catena.
Die Satire-Sendung «Deville» bei SRF wird eingestellt – der Sender sucht ein Nachfolgeformat. Aufgrund des rein männlichen Finalisten-Trios fuhr sich das SRF mächtig Kritik ein. Comediennes, darunter Patti Basler und Lara Stoll, wehrten sich in einem offenen Brief.
Das führte beim SRF zur Krisensitzung, am Mittwoch erschien ein Statement des Senders: Im Nachfolge-Entscheid spielten neben der «fachlichen Einschätzung von Redaktions-, Distributions- und Produktionsseite auch zwei von SRF in Auftrag gegebene, repräsentative Studien bei an Comedy und Satire interessierten Personen» eine Rolle.
Wollen SRF-Zuschauende keine Comedienne?
Doch auf welchen Fakten und Überlegungen der Entscheid basiert, darüber will das SRF partout nicht reden: Die «repräsentativen Studien» wollte das SRF auf Anfrage von 20 Minuten nicht herausgeben – mit der Begründung, es handle sich um interne Dokumente, die «personenbezogene Daten» enthielten. Auch bei konkreten Nachfragen über die Erkenntnisse der Studie verweist das SRF lediglich auf das Statement vom Mittwoch.
Darin erklärt die Abteilungsleiterin Audience und Mitglied im Diversity Board des SRF, Laura Köppen, die Bekanntheit der Komikerinnen und Komiker sei ein relevantes Auswahlkriterium. Das SRF habe das potenzielle Publikum gefragt, welche Comediennes und Comedians es sich am besten als Host vorstellen könne. «Fakt ist, dass unsere Sendungen auch gesellschaftliche Strukturen abbilden», so Köppen. Was bedeutet das im Klartext? Mutmasslich: Das Testpublikum wollte keine der Frauen, die ihm das SRF zur Auswahl gegeben hat. Wer und wie viele das waren, bleibt geheim.
Köppen weiter: «In der Comedyszene sind Frauen heute noch weniger bekannt als ihre männlichen Pendants.» Dass in der Endauswahl ausschliesslich Männer stünden, sei «nicht die Wunschvorstellung des SRF».
«Das SRF hätte den Zuschauern hier auf die Sprünge helfen sollen»
Fakt ist jedoch auch, dass das SRF sich mit ihrer «Chance 50:50»-Initiative zum Ziel gemacht hat, eine 50-prozentige Vertretung von Frauen in ihren Programmen zu erreichen. «Der Sender verweist gerne auf sein Diversity Board, Resultate sehen wir aber in der Comedy-Redaktion keine. Wenn SRF die Diversität fördern will, muss es Entscheidungen treffen und nicht auf Bemühungen verweisen», sagt Comedienne Lisa Catena.
Catena ist überzeugt, dass das Publikum sich im Fall der Deville-Nachfolge lediglich an eine Comedienne gewöhnen müsste. «Das SRF hätte den Zuschauern hier auf die Sprünge helfen sollen, sonst haben wir in 40 Jahren immer noch dasselbe Problem.»
Dass Late-Night-Comedy im Fernsehen grundsätzlich in Männerhand sei, überrasche sie nicht: «Natürlich kann sich das Publikum keine Frauen in einer Comedy-Show vorstellen, wenn es kaum welche sieht, weil diese keine Chance erhalten.»
«Menschen sind sich nicht gewöhnt, Frauen auf der Bühne zu sehen»
Laut Barbara Stauffer, Expertin für Business Humor, unterscheidet sich der Humor von Frauen und Männern primär in der Perspektive. «So reden eine Comedienne und ein Comedian oftmals über dieselben Themen – wie sie diese präsentieren, wird jedoch von den eigenen Erfahrungen beeinflusst, die auch stark von der Sozialisierung geprägt sind.» Männer seien in der Regel spontaner in ihren Aussagen als Frauen, die sich teilweise noch selbstkritischer hinterfragen. «Beide Geschlechter haben viel zu sagen, zum Glück gehen da die Tore immer mehr auf.»
«Lustige Frauen kommen bei Männern, und übrigens auch Frauen, weniger gut an, als lustige Männer», sagt Humorexpertin und CEO des Instituts für Coaching und Kommunikation Kick, Cornelia Schinzilarz. Männlicher Humor sei gesellschaftlich akzeptierter. Dieser Umstand könne dazu führen, dass bei Comediennes die Einschaltquoten tiefer liegen.
Und: «Die Menschen sind sich einfach nicht gewöhnt, Frauen auf der Bühne zu sehen – dabei gibt es genügend Comediennes. Wenn wir aber dieses Bild immer nur bestätigen, statt es zu verändern, werden wir uns nie daran gewöhnen», so Schinzilarz.
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