Stürmisches Turnfest: «Wir haben keine Fehler gemacht»

Aktualisiert

Stürmisches Turnfest«Wir haben keine Fehler gemacht»

Der Bieler Mega-Sportevent wird als Sturm- statt Turnfest in Erinnerung bleiben. Turnfest-Direktor Fränk Hofer zieht im Interview Bilanz über die turbulenten Tage.

am
von
am

Das Turnfest ist ein Mega-Event und kein Grümpelturnier: Warum hatten Sie trotz früher Wetterwarnung keinen direkten Draht zu einem Meteorologen eingerichtet?

Fränk Hofer: Wir verfügten selbst über gute Wetterdaten mit Echtzeitinformationen von der Seepolizei, umliegenden Gemeinden und Webams etc. Wir waren auf Gewitter und Hagel vorbereitet und sahen das Unwetter auch kommen. Das OK-Team mit einem Meteo-Experten zu ergänzen, wäre aber durchaus eine Überlegung wert. Aber am Schluss muss ich die Entscheidung fällen.

Was war der grösste Fehler?

Ich habe nicht das Gefühl, dass wir einen Fehler gemacht haben. Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Alle fünf Austragungsorte mit zehntausenden Leuten gleichzeitig zu evakuieren wäre eine unglaubliche Sache gewesen.

Bereits beim ersten Unwetter wurden sie vom Ereignis überrascht. Hat man verpasst, Lehren daraus zu ziehen?

Wir haben Abläufe optimiert und verfügt, die Infrastruktur nochmals fester anzuzurren. Im Meteo-Warnprozedere haben wir keine Anpassungen vorgenommen.

Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen das OK. Was bedeutet das für Sie?

Ich bin verantwortlich für das Turnfest. Und ich werde mich der Verantwortung stellen. Persönlich hatte ich noch keine Zeit, um meine eigenen Schlüsse zu ziehen. Ich bin noch mitten in der Krisenbewältigung.

Statt von einem Turnfest sprachen die Leute von einem Sturmfest: Welche Bilanz ziehen Sie aus dem Turnanlass?

Wir haben ein tolles Turnfest erlebt und eine super Stimmung nach Biel gebracht, die Stadt wurde am Samstag mit über 100 000 Besuchern zu einer riesigen, friedlichen Party-Zone – es gab trotz viel Alkohol keine gröberen Vorfälle. Die ganz bittere Kehrseite der Medaille ist aber, dass wir nach dem Sturm am Donnerstag mehrere Verletzte zu beklagen haben, das macht mich extrem betroffen.

Haben Sie die Verletzten schon besucht?

Ich persönlich hatte noch keine Zeit, OK-Präsident Hans Stöckli hat aber am Samstag Verletzte im Inselspital besucht. Ich werde dies noch nachholen.

Der Sturm hinterliess eine Spur der Verwüstung. Wie hoch sind die Schäden?

Wir mussten zwar das Gelände fast dreimal aufstellen. Für das OK selbst halten sich die Schäden in Grenzen. Unsere Zulieferer wie etwa Zeltfirmen haben aber grosse Schäden an ihrer Infrastruktur erlitten. Und die Polizei musste wegen den Stürmen sicherlich viel mehr Einsätze leisten als geplant. Insgesamt hoffe ich, dass wir das Budget trotz der unvorhersehbaren Ereignisse einhalten können.

OK könnte Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren drohen

Gemäss dem Zürcher Rechtsanwalt David Gibor könnte dem OK des Turnfestes ein Strafverfahren wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung und wegen Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde drohen. Beide Straftatbestände seien Offizialdelikte, weshalb die Staatsanwaltschaft diesbezüglich von Amtes wegen untersuchen müsste. Dazu kämen allenfalls auch weitere Strafverfahren wegen fahrlässiger einfacher Körperverletzung, falls weitere verletzte Personen entsprechende Strafanträge stellten. «Zu untersuchen wäre etwa, ob Ausmass und Stärke des Gewitters für die Verantwortlichen meteorologisch voraussehbar waren und ob sie dennoch die notwendigen Sicherheitsmassnahmen an den Zelten und Gerüsten unterliessen und damit ihre Sorgfaltspflicht verletzten», sagt Gibor. Bei einer Verurteilung droht eine Höchststrafe von bis zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe. (bat)

Deine Meinung