
Redaktor Michael Lusk hat im Bentley-Werk in Crewe einen «persönlichen» Flying Spur konfiguriert.
Britische LuxusautosWelches Holz darf es für die Armatur sein? Ein Besuch im Bentley-Werk
Gute Bentley-Kunden können sich im Werk im englischen Crewe ihr eigenes Wunschauto zusammenstellen. Redaktor Michael Lusk durfte in ihre Fussstapfen treten und hat sich dabei richtig ausgetobt.
- von
- Michael Lusk / A&W Verlag
Die Briten lassen sich durch nichts so schnell aus der Ruhe bringen. Das beweist auch John, der mit Kunden aus aller Welt ihr eigenes Bentley-Modell konfiguriert. Dabei hat er schon manch ausgefallene Idee oder Wunsch gesehen und gehört. «Es gibt für Bentley nur drei Regeln: Es muss legal sein, der Kunde muss es sich leisten können und es sich vorstellen können.» Das ist einfacher gesagt als getan: Denn bei der britischen Luxusmarke gibt es beispielsweise 26 Milliarden verschiedene Möglichkeiten, einen Bentayga zu konfigurieren. Ähnlich siehts auch bei den Baureihen Continental und Flying Spur aus. Wir haben uns deshalb in der Heritage-Abteilung und bei einem Rundgang durchs Werk inspirieren lassen und danach «unseren» eigenen Bentley Flying Spur konfiguriert.
Handarbeit bis ins Detail
Zwar hat sich die Zahl der Autos, die Bentley produziert, in den letzten zwanzig Jahren fast verzehnfacht – rund 15’000 Neuwagen haben die Briten 2021 verkauft, für 2022 dürfte diese Marke vermutlich sogar noch höher ausfallen. Dennoch bauen die rund 4000 Mitarbeiter die Luxusautos grösstenteils noch in Handarbeit zusammen. Schliesslich bietet kaum eine Marke so eine Vielzahl an Optionen wie Bentley. So ist längst nicht mehr jeder Bentley mit Holz-Armaturen ausgeschlagen, immer mehr Kunden setzen auch auf Aluminium oder Carbon. Wer es ganz ausgefallen mag, kann sogar aus vier verschiedenen Sorten Stein wählen – allerdings verbaut Bentley nicht einen ganzen Block, lediglich die oberste, 0,4 Millimeter dicke Schicht besteht daraus. Sowohl hier als auch beim Holz-Finish dürfen übrigens nur die erfahrensten Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung ran. Denn ein Schnitzer bedeutet, dass das komplette Interieur ersetzt werden muss.
Leder in allen Farben
Bei den Sitzen haben wir ebenfalls die Qual der Wahl. In der Mulliner-Abteilung, die sich bei Bentley nicht nur um exklusive Kleinserien wie den Bacalar oder Batur kümmert, sondern auch klassische Vorkriegs-Bentleys wie den Blower wiederauferstehen lässt, holen wir uns Inputs für einen individuellen Sitz. Das Familienwappen oder der Name der Liebsten in der Kopfstütze? Kein Problem! Eher schon, wie sich dies umsetzen lässt. Oder die Wahl der Farbe: Gedeckt und dezent oder farbig und mutig? Besonders das Anbringen des Kontrast-Stitchings, also die feinen Fäden in einer zweiten Farbe, die dem Sitz eine spezielle Note geben, braucht eine ruhige Hand, wie ich selbst feststellen darf, nachdem ich mit einer Mitarbeiterin, welche diese normalerweise näht, kurzerhand den Platz getauscht habe.
Geht nicht, gibts nicht
Apropos Farbe: Im Anschluss an die Werksbesichtigung habe ich genug Ideen gesammelt, um bei John endlich «meinen» Bentley Flying Spur zu konfigurieren. Ich schwanke zwischen der Option, ein Auto zusammenzustellen, das selbst in Dubai oder Beverly Hills alle Blicke auf sich zieht. Oder doch eine zeitlose Spezifikation? Ich mache einfach beides. Am Ende siegt dennoch die Vernunft. Schliesslich ist die Chance gross, dass bei 26 Milliarden Möglichkeiten auch die dezente Variante so kaum ein zweites Mal vorkommt.