Streik im Luxushotel Sheraton: «Wir müssen Kot der Gäste von Hand entfernen»

Aktualisiert

Streik im Luxushotel Sheraton«Wir müssen Kot der Gäste von Hand entfernen»

Im 4-Stern-Hotel Sheraton in Zürich hat das Putzpersonal seine Arbeit niedergelegt. Grund: Beschimpfungen und rassistische Erniedrigungen.

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jen/lar

Das sagen die Reinigerinnen und Reiniger zur Situation im Sheraton. (Video: lar)

«Ich kann einfach nicht mehr, jetzt muss sich etwas ändern», sagt Reinigungskraft Isabella Z.*, die am Donnerstag in den Streik getreten ist. Ihr Arbeitsalltag im Hotel Sheraton in Zürich sei geprägt von einer «ständig steigenden Arbeitslast» sowie Beschimpfungen und rassistischen Erniedrigungen durch Vorgesetzte.

Eine Reinigerin erzählt, dass ihre Chefin Sachen wie «Scheiss Portugiesen» sagt. Sie würden auch nicht mit Namen angesprochen, sondern mit ihrer Nationalität. Isabella ergänzt: «Wir werden absolut respektlos behandelt.»

Ein Reinigungsmittel für alles

Im Moment sei es so, dass ein Zweierteam von Reinigerinnen beispielsweise bis zu 75 Zimmer pro Tag putzen müsse – «Wir werden ausgenutzt. Das ist ein unglaublicher psychischer und physischer Stress», sagt Isabella Z. Und auch die Unia spricht von einer «nicht zu bewältigenden Aufgabe». Dazu würden verspätete Lohnzahlungen und Arbeitseinsätze von mehreren Wochen ohne freien Tag kommen.

Die Zustände sind laut dem Reinigungspersonal unhaltbar. «Wir müssen den Kot der Gäste, der manchmal sogar in der Dusche liegt, von Hand entfernen», sagt eine Streikende. Das Hotel stelle wegen Sparmassnahmen keine Handschuhe zur Verfügung und es gebe nur ein Reinigungsmittel, um alles zu putzen. «Weil dieses so ätzend ist, ist die Haut meiner Hand verwundet.»

«Wir wissen nicht, was als Nächstes kommt»

Reiniger Antonio Lago sagt, dass die Bedingungen unbedingt verbessert werden müssen. Eine weitere Streikende ergänzt: «Ich will meinen Job gut machen, ich will saubere Zimmer für die Gäste. Ich gebe alles, aber unter diesen Bedingungen ist das nicht möglich. Ich bin total am Anschlag, habe keine Zeit für meine Familie und werde am Schluss noch von meiner Chefin angeschrien.»

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Das Putzpersonal des Hotels Sheraton legt am Donnerstag seine Arbeit nieder.

Das Putzpersonal des Hotels Sheraton legt am Donnerstag seine Arbeit nieder.

Gewerkschaft Unia
Im Moment sei es so, dass ein Zweierteam von Reinigerinnen beispielsweise bis zu 75 Zimmer pro Tag putzen muss – «eine nicht zu bewältigende Aufgabe», wie die Gewerkschaft Unia Zürich-Schaffhausen am Donnerstag in einer Mitteilung schreibt.

Im Moment sei es so, dass ein Zweierteam von Reinigerinnen beispielsweise bis zu 75 Zimmer pro Tag putzen muss – «eine nicht zu bewältigende Aufgabe», wie die Gewerkschaft Unia Zürich-Schaffhausen am Donnerstag in einer Mitteilung schreibt.

Gewerkschaft Unia
Dazu kämen verspätete Lohnzahlungen und Arbeitseinsätze von mehreren Wochen ohne freien Tag.

Dazu kämen verspätete Lohnzahlungen und Arbeitseinsätze von mehreren Wochen ohne freien Tag.

Gewerkschaft Unia

«Wir wissen nicht, was als Nächstes kommt. Wir wollen unsere Jobs behalten, dafür fordern wir eine Anstellung direkt beim Hotel statt bei weiteren Subunternehmen», sagt eine andere Reinigungskraft.

Letzte Möglichkeit: Warnstreik

Laut der Gewerkschaft sind die Probleme der Hoteldirektion seit Langem bekannt. «Die Arbeitnehmenden fordern seit über einem Jahr vom Hotelmanagement und dem mit der Reinigung betrauten Subunternehmen eine Verbesserung ihrer Situation», sagt Co-Geschäftsleiter Lorenz Keller.

Zuletzt habe das Reinigungspersonal seine Forderungen mit einer Petition beim Management eingereicht. «Alles ohne Resultat», so Keller. Statt der erhofften Besserung sei es in den letzten Tagen zu Kündigungen gekommen. «Als letzte Möglichkeit bleibt ihnen nur noch, heute im Rahmen eines Warnstreiks, ihre Arbeit niederzulegen. Und zu hoffen, dass das Sheraton endlich handelt.»

Bereits Kritik am Marriott

Während die Probleme in Gesprächen durch die Hotelleitung anerkannt und Besserung versprochen worden sei, sei es seit Monaten bei Absichtserklärungen und leeren Versprechungen geblieben.

Die Arbeiterinnen im Zürcher Hotel Sheraton sind laut der Unia mit ihren Problemen nicht allein. Bereits letzten Sommer wurde in einem Report der Unia Zürich-Schaffhausen auf die Probleme in der Hotelreinigung der Hotelkette Marriott, zu der auch das Sheraton gehört, hingewiesen.

«Es gab keinen Streik»

Michael Böhler, Marketing-Manager beim Sheraton, bestätigt, dass vereinzelt Mitarbeiter am Donnerstag nicht zum Dienst erschienen sind. Der Betrieb sei aber gewährleistet, die Hotelzimmer würden geputzt. Er schreibt in einer Stellungnahme: «Wir nehmen die erneut aufgeworfenen Themen sehr ernst und werden diese eingehend prüfen.»

Auch die Behauptungen der Unia aus dem vergangenen Jahr würden «sehr ernst genommen». «Es wird daran gearbeitet, die Situation zu verstehen, um ein sicheres und angenehmes Arbeitsumfeld sowohl für eigene Mitarbeiter als auch für Mitarbeiter von externen Unternehmen zu garantieren», sagt Böhler.

Verhaltensrichtlinien einhalten

Das Wohlbefinden und die Sicherheit von Mitarbeitern und Gästen seien oberste Priorität des Sheraton. «Auch wenn wir unsere Housekeeping-Dienstleistungen an Fremdfirmen auslagern, wählen wir die externen Dienstleister sorgfältig aus und verpflichten uns, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, die sämtliche gesetzlichen Anforderungen an Arbeitsbedingungen erfüllen und unsere auf den Menschen ausgerichteten Werte teilen.»

Alle Lieferanten und Fremdfirmen müssten den Verhaltensrichtlinien für Zulieferer folgen. Diese würden die Notwendigkeit der Konformität mit geltenden Gesetzen, Vorschriften und Sicherheitsstandards aufzeigen. Darüber hinaus würden alle Hotels regelmässigen internen Kontrollen und Inspektionen unterliegen. «Bei diesen Kontrollen wird nicht nur das Reinheitsniveau der Zimmer überprüft, sondern auch sichergestellt, dass in den Hotels nach unseren Grundwerten gehandelt wird: Menschen in den Mittelpunkt jeglicher Aktivitäten stellen, nach Exzellenz streben, sich Veränderungen stellen und in jeglicher Hinsicht respektvollen Umgang miteinander pflegen.»

Streik zeigt Wirkung

Wie die Unia mitteilt, konnte das Reinigungspersonal mit ihrem Streik einen ersten Erfolg verbuchen: Das Hotel-Management habe eingewilligt, am Montag verbindliche Gespräche mit den Angestellten und der Unia zu führen.

Gleichzeitig habe sich das Hotel zu Sofortmassnahmen verpflichtet. Die Anzahl Zimmer, die pro Arbeitstag und Team gereinigt werden müssen, werden nach oben begrenzt und die Personalabteilung des Hotels nimmt die Verantwortung zur Sicherstellung korrekter Abläufe und Schutz gegen Repressionen an sich.

*Name der Redaktion bekannt

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