Salz in Fertigprodukten«Wir verkaufen der Bevölkerung heute Gift»
Schon mit einer Portion Fertigspaghetti isst man zu viel Salz. Ein SP-Politiker will die Salzmenge in Lebensmitteln nun per Gesetz limitieren.
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Schweizer essen salzig: Statt der von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlenen 5 Gramm pro Tag – das entspricht etwa einem Teelöffel – sind es laut der letzten Erhebung durchschnittlich 9,1 Gramm. Wie leicht man die empfohlene Tagesdosis überschreitet, zeigt ein Blick in die Regale eines Grossverteilers: Ein Wurst-Käse-Salat (325 g) enthält 4,9 Gramm Salz – die Fertigspaghetti «Caprese» (400 g) 5,2 Gramm und selbst in unverdächtigen Cornflakes steckt eine beträchtliche Menge Salz.
Für den Genfer SP-Nationalrat Manuel Tornare ist klar: Die freiwilligen Versprechen der Lebensmittelhersteller zeigen zu wenig Wirkung. Nun fordert er den Bundesrat in einem Vorstoss auf, die Salzmenge in industriell hergestellten Lebensmitteln gesetzlich zu beschränken.
«Salz überdeckt Geschmack schlechter Zutaten»
«Die Lebensmittel enthalten zu viel Zucker, zu viel Salz. Wir verkaufen der Bevölkerung heute Gift», sagt Tornare zu 20 Minuten. Gerade die Gesundheit jener Menschen sei gefährdet, die nicht nur bei Globus Bioprodukte einkaufen könnten. «Junge konsumieren auswärts immer mehr Fertigprodukte oder Fast Food, die zwecks Konservierung grosse Mengen Salz enthalten.»
Gleichzeitig überdecke das viele Salz den Geschmack von Zutaten zweifelhafter Qualität und rege den Durst an – was wiederum den Absatz von Softdrinks und Alkohol fördere. Dass die Lebensmittel mit weniger Salz fade schmecken, glaubt Tornare, der selbst kaum Salz isst, nicht. «Im Gegenteil, man schmeckt wieder mehr von den Lebensmitteln.»
Es sei «naiv», allein auf die Eigenverantwortung der Leute zu zählen. «Das hat nichts mit Bevormundung zu tun.» In den 70er-Jahren habe man sich mit ähnlichen Argumenten gegen die Gurtenpflicht oder das Rauchverbot gewehrt. Aber: «Die Volksgesundheit ist wichtiger als wirtschaftliche Interessen.» Mediziner unterstützten seinen Vorstoss: Zu viel Salz erhöhe den Blutdruck und begünstige Herz-Kreislauf-Krankheiten, so Tornare, der auch Restaurants zur Deklaration des Salzgehalts verpflichten will.
«Es wäre mit Geschmackseinbussen zu rechnen
Der Bund will mit seiner 2008 lancierten Salzstrategie den Salzkonsum kurzfristig auf acht, längerfristig auf fünf Gramm pro Person und Tag senken. Statt auf Vorschriften setzt er bisher aber auf Aufklärung und freiwillige Initiativen der Lebensmittelhersteller. Als Erfolg vermeldete das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit letztes Jahr, dass der Salzgehalt im Brot seit 2011 deutlich gesunken ist und nun unter 1,5 Gramm pro 100 Gramm liegt.
Die Branche wehrt sich denn auch gegen eine staatlich verordnete Salzlimite: «Es stimmt, laut dem Bund konsumieren wir zu viel Salz – auch, weil bei verarbeiteten Lebensmitteln der Salzgehalt teilweise hoch ist. Wir setzen aber auf freiwillige Massnahmen und eine klare Deklaration der Nährwerte», sagt Patrick Marty von der Interessensgemeinschaft Detailhandel Schweiz, zu der etwa Migros und Coop gehören. Die Konsumenten müssten weiterhin eine Wahlfreiheit haben. «Würde das Salz auf einen Schlag massiv reduziert, wäre mit Geschmackseinbussen zu rechnen.» Es brauche darum eine etappenweise Reduktion, damit sich die Konsumenten an den tieferen Salzgehalt gewöhnen könnten.
So viel Salz ist drin
Spaghetti «Caprese» (400g): 5,2g/104%
Hackbraten (400g): 4,4g/88%
Specksandwich (210g): 3,2g/64%
Wurst-Käsesalat (325g): 4,9g/98%
Berner Rösti (250g): 3g/60%
Salzgehalt in ausgewählten Produkten und Prozent der empfohlenen Maximalmenge