Kursveranstalter«Wir verloren wegen Corona 80% der Aufträge»
Manchen Unternehmen rennen wegen des Coronavirus die Kunden davon. Die Firmen müssen Kredite aufnehmen.
- von
- Raphael Knecht
Die Coronavirus-Krise belastet nicht nur Airlines und internationale Händler: Auch kleine und mittlere Schweizer Unternehmen (KMU) sind betroffen: «Innert zwei Wochen verloren wir wegen Corona 80 Prozent der Aufträge, die zwischen März und Mai geplant waren», sagt Joachim Mayer, Geschäftsführer des Schulungsunternehmens CT-Academy, zu 20 Minuten. Seine Firma führt Kurse und Weiterbildungen durch.
Als am letzten Freitag im Februar plötzlich Stornierungen kamen, dachte man noch, es handle sich wohl um vereinzelte, übervorsichtige Kunden. Doch am Montag darauf seien im 20-Minuten-Takt weitere Stornos bei der Firma eingegangen. «Wir sind sehr erschrocken», so Mayer. Betroffen seien Bildungsveranstaltungen aller Grössen, von einem riesigen Event im Hallenstadion bis zu kleinen Kursen mit zehn Leuten.
Die Kunden der Firma würden auf Nummer sicher gehen und die Bildungspläne vorerst auf Eis legen. Zudem wurden in einem Fall auch Kurse storniert, weil sie von einem in Italien ansässigen Spezialisten hätten geleitet werden sollen. CT-Academy bot an, die Person vor dem Kurs aufs Virus testen zu lassen, doch der Kunde lehnte ab.
70 Prozent weniger Umsatz
CT-Academy kommen diese Stornierungen teuer zu stehen: Für die nächsten zwei bis drei Monate rechnet Mayer mit einem Umsatzverlust von 70 Prozent. Darum musste er sich schnell Gedanken über mögliche Massnahmen machen.
Dies auch, weil es der Firma wenig bringe, wenn Kunden ihre Termine nicht komplett stornieren, sondern nur auf später verschieben: Denn viele Kurse seien nicht ohne Weiteres verschiebbar – und nach massenweise Verschiebungen fehlen der Firma die flüssigen Mittel trotz langfristig gut gefüllter Auftragsbücher.
Coronavirus-Kredit
Die Firma erwägt darum, einen Überbrückungskredit bei Creditgate24 aufzunehmen – das Unternehmen wirbt mit einem Coronavirus-Kredit für KMU. Damit soll es kurzfristig möglich sein, die finanziellen Engpässe, die die Krise verursacht, zu überbrücken. Bei der Firma häufen sich derzeit die Anfragen von betroffenen Unternehmen, sagt CEO Christoph Müller zu 20 Minuten.
«Grundsätzlich ist ein Kredit in so einer Situation die richtige Massnahme», sagt ZHAW-Finanzexperte Beat Affolter zu 20 Minuten. Die meisten KMU seien sich jedoch nicht gewöhnt, Kredite aufzunehmen und würden das darum selten in Betracht ziehen.
Wegen der aktuellen Krise könne es aber gut sein, dass es nun zu mehr Kreditanfragen von KMU kommt und dass vor allem Firmen mit einer Kreditlimite – also einem vorab für den Ernstfall mit einem Anbieter vereinbarten, aber noch nicht bezogenen Kredit – nun davon auch tatsächlich Gebrauch machen. «Das ist natürlich stark von der Branche abhängig», so Affolter. Die Engpässe dürften etwa im Tourismusbereich besonders gross sein.
Kurzarbeit verunsichert Mitarbeiter
Bei CT-Academy ist nicht nur die Aufnahme eines Kredits ein Thema: Auch für Kurzarbeit hat sich das Unternehmen bereits angemeldet. «Ob es dazu kommt, ist unklar – aber wir wollen vorbereitet sein», sagt Geschäftsführer Mayer. Das habe die Mitarbeiter natürlich verunsichert und man habe darum das Gespräch mit ihnen gesucht.
Immerhin: Die Konkurrenz dürfte mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben. Ein Lichtblick für CT-Academy ist zudem, dass das Unternehmen viel Erfahrung mit Web-Schulungen und flexiblen Lernlösungen hat. Die Firma bietet derzeit den Kunden solche Angebote, die keine Kursräume benötigen, als Alternative an.
Das neue Coronavirus
Sars-CoV-2 (Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2). Diese Bezeichnung wurde vom International Committee on Taxonomy of Viruses am 11. Februar 2020 beschlossen. Zuvor hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO das Virus als 2019-nCoV bezeichnet.
Covid-19 (Corona Virus Disease 2019) heisst.
Damit verhält es sich bei der neuen Krankheit ähnlich wie bei HIV und Aids. Auch dort hat das Virus (HIV) einen anderen Namen als die Krankheit (Aids).