Streit bei Billettkontrolle: «Wir wurden als Tschinggen beschimpft»

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Streit bei Billettkontrolle«Wir wurden als Tschinggen beschimpft»

Ein Vater behauptet, er und sein Sohn seien von Ticket-Kontrolleuren beleidigt worden. Postauto widerspricht vehement.

von
sul
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Der zehnjährige Sohn von D.M., wurde bei einer Billettkontrolle gebüsst.

Der zehnjährige Sohn von D.M., wurde bei einer Billettkontrolle gebüsst.

Bei einer Bushaltestelle in Ringgenberg kam es zwischen Vater M. und den Kontrolleuren zu einer verbalen Auseinandersetzung.

Bei einer Bushaltestelle in Ringgenberg kam es zwischen Vater M. und den Kontrolleuren zu einer verbalen Auseinandersetzung.

Die Polizei musste ausrücken. Sowohl M. als auch die Kontrolleure haben Anzeige wegen Beleidigung eingereicht.

Die Polizei musste ausrücken. Sowohl M. als auch die Kontrolleure haben Anzeige wegen Beleidigung eingereicht.

Keystone/Peter Klaunzer

Die Berner Kantonspolizei musste am Montagnachmittag zur Bushaltestelle Säge in Ringgenberg BE ausrücken. Grund war eine verbale Auseinandersetzung zwischen einem Vater und zwei Kontrolleuren. Beide Seiten reichten daraufhin Strafanträge wegen Beschimpfung ein, wie die Polizei auf Anfrage bestätigt. Doch was genau passiert ist, darüber gehen die Versionen stark auseinander.

Jene von Vater D. M.* (44) geht so: Sein zehnjähriger Sohn L., der an einer Lernbehinderung leide und motorisch beeinträchtigt sei, sei in Ringgenberg ins Postauto gestiegen. Er habe von der Post bis zur Säge fahren wollen, die nur eine Station entfernt liegt.

«Man stellt keinen 10-Jährigen an Pranger»

«Weil mein Sohn ziemlich langsam ist, dauert es immer ein Weilchen, bis er seine Mehrfahrtenkarte abgestempelt hat», sagt M. Kaum im Bus, sei der Bub kontrolliert worden. Er habe den beiden Beamten versichert, dass er seine Karte eben habe entwerten wollen. Doch die Erklärung liessen sie nicht gelten: Bei der Haltestelle Säge nahmen sie die Personalien von L. auf und stellten ihm eine Busse in Höhe von 100 Franken aus.

Als der Vater ebenfalls vor Ort ging, kam es zum verbalen Schlagabtausch. M. behauptet, die Kontrolleure hätten sich dabei rassistische Entgleisungen geleistet: «Sie sagten, bei Tschinggen sei es halt normal, dass sie kein Billett lösen», so der Italiener, der in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist. Da sei auch er laut und beleidigend geworden, gibt er zu.

Der Vater wirft den Beamten ferner mangelndes Fingerspitzengefühl vor: Seiner Ansicht nach hätte es gereicht, den Buben zu ermahnen, nächstes Mal sein Billett schneller zu entwerten. «Man stellt doch kein zehnjähriges Kind mit einer Lernschwäche an den Pranger.»

Postauto weist Vorwürfe zurück

Postauto widerspricht der Darstellung von M. vehement: «Gemäss ihren glaubwürdigen Aussagen haben sich die Kontrolleure in keiner Art und Weise rassistisch gegenüber dem Sohn oder seinem Vater geäussert», sagt Sprecherin Katharina Merkle. Ausserdem sei das Vorgehen bei der Kontrolle korrekt gewesen: «Der Fahrgast hatte keinen gültigen Fahrausweis und hätte Zeit gehabt, sein Ticket zu entwerten.» Die Kontrolleure hätten wegen Beleidigung einer Amtsperson, notabene ein Offizialdelikt, Anzeige gegen M. erstattet.

Die Ticketkontrolleure hätten bei Kindern genauso wie bei Erwachsenen den Auftrag, den Tarif anzuwenden, so Merkle weiter. Bei Minderjährigen ohne gültigen Fahrausweis gehe das Personal jedoch besonders behutsam vor; man wolle sie schliesslich nicht erschrecken. Merkle: «Unsere Kontrolleure sind keine Rambos.»

Die Busse seines Sohnes wird M. zähneknirschend begleichen. Um unangenehme Vorfälle wie den vorliegenden künftig zu vermeiden, will er seinem Sohn ausserdem ein Jahres-Abonnement für den Bus kaufen.

*Name der Redaktion bekannt

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