Wegweisendes UrteilWird Japans Walfang bald verboten?
Japan hält trotz heftiger Kritik von Tierschützern an seinem Walfang fest. Nun entscheidet der Internationale Gerichtshof in Den Haag über dessen Zukunft.
- von
- Mari Yamaguchi ,
- AP
Seit Mitte der 1980er-Jahre ist kommerzieller Walfang verboten. Dennoch stechen japanische Walfänger alljährlich in See. Sie nutzen ein Schlupfloch in dem Moratorium, das die Jagd nach den Meeressäugern nur zu wissenschaftlichen Zwecken erlaubt. Selbst internationale Proteste und teure Störaktionen von Umweltorganisationen halten sie nicht davon ab. Am Montag könnte ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag den Walfang ein für alle Mal unterbinden.
Schon im Jahr 1986 hatte die Internationale Walfangkommission den kommerziellen Walfang für tabu erklärt. Ein Jahr später gab Tokio eine umstrittene Studie in Auftrag – um zu beweisen, dass das Vorgehen ökologisch nachhaltig sei. Dabei wird schon die wirtschaftliche Nachhaltigkeit angezweifelt. Denn das von der Regierung subventionierte Walfangprogramm versinkt immer tiefer in Schulden.
Über 30 Millionen Euro an Fördergeldern
Anfangs förderte die Regierung das Programm mit jährlich etwa 500 Millionen Yen (3,5 Millionen Euro), etwa zehn Prozent der Gesamtkosten. Zwanzig Jahre später betrug der Zuschuss etwa 900 Millionen Yen (6,4 Millionen Euro). Im laufenden Geschäftsjahr wird die Förderung voraussichtlich fünf Milliarden Yen (35, 4 Millionen Euro) überschreiten.
Die hohen Kosten werden neben der Instandhaltung des 27 Jahre alten Fabrikschiffs Nisshin Maru auch mit Massnahmen gegen die Störaktionen der Umweltorganisation Sea Shepherd begründet. Die Aktivisten und Walfänger liefern sich jede Walfangsaison aggressive Scharmützel in den Gewässern der Antarktis.
Beste Zeiten hinter sich
«Eine Rückkehr zum kommerziellen Walfang ist keine realistische Option mehr», sagt Ayako Okubo, Meereswissenschaftler an der Tokai Universität. Es gehe nun darum, einen Vorwand zu finden, um Fänge zu Forschungszwecken fortzusetzen. 2011 hatte das Ministerium für Landwirtschaft, Forstwesen und Fischerei nach dem Tsunami sogar 2,3 Milliarden Yen (16,3 Millionen Euro) aus dem Topf für den Wiederaufbau für die Begleichung der Schulden im Walfang verwendet.
Dabei hat die Branche ihre besten Zeiten hinter sich. In den 1960er-Jahren zählte sie noch über 10'000 Crewmitglieder und Fischer. Heute sind es weniger als 200. Japans Walforschungsinstitut hat mit dem Walfleisch im vergangenen Jahr zwei Milliarden Yen (14 Millionen Euro) Umsatz gemacht – sieben Milliarden Yen (49,6 Millionen Euro) weniger als im Jahr 2004. Die Zahl der Händler und Verarbeiter ist ebenfalls rückläufig. Ihre Zahl hat sich laut Industriestatistik zwischen 1999 und 2012 halbiert.
2300 Zwergwale in Gefrierfächern
Trotzdem will Japan in diesem Jahr 1300 Wale erlegen. Dabei lagern schon jetzt über 2300 Zwergwale in Gefrierfächern. Ende 2012 lag das Volumen der Lagerbestände nach Angaben der Fischereibehörde bei etwa 4600 Tonnen – 2002 waren es weniger als 2500 Tonnen. Die Behörde räumte gar ein, dass die Lagerbestände ohne die Aktionen von Sea Shepherd weitaus höher wären.
Nach Angaben der Händler ist Walfleisch ohnehin nicht gefragt. Einst billiger Ersatz für Rindfleisch, rangiert es nun im gleichen Preissegment.
Fleisch, das nicht zu Studienzwecken verwendet wird, darf in Japan verkauft werden. Australien sieht darin ein Schlupfloch für kommerziellen Walfang und hat das Land verklagt. Das Urteil des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag könnte Japan um die rund 1000 Wale bringen, die dort jedes Jahr gefangen werden – oder die Fangquote reduzieren. Der japanische Walfang im Nordpazifik und vor der japanischen Küste sind davon nicht betroffen.
Walfang entspreche internationalem Recht
«Was auf dem Spiel steht, sind nicht nur Wale», sagt Masayuki Komatsu, ein ehemaliger Beamter der Fischereibehörde. Es sei auch eine Frage territorialer Rechte. «Die Antarktis ist ein offenes Meer.» Jeder habe Anspruch auf die reichen Ressourcen. Der Walfang in der Antarktis entspreche internationalem Recht.
Komatsu nahm als Unterhändler an den jährlichen Treffen der Internationalen Walfangkommission teil. Mittlerweile arbeitet er als Professor für Fischerei am GRIPS (National Graduate Institute for Policy Studies) in Tokio.
Während im Falle Japans noch über den kommerziellen Walfang gestritten wird, jagen Norwegen und Island unter offener Missachtung des Moratoriums weiterhin Wale.