Steigende HäuserpreiseWo die Immoblase zuerst platzt
Die Finanzkrise hat gezeigt: Immobilienblasen können ein Land ruinieren. Noch herrscht in der Schweiz kein landesweiter Alarm. In 102 Gemeinden besteht aber akute Überhitzungsgefahr.
- von
- Balz Bruppacher
Eigentlich wären in der Schweiz höhere Zinsen nötig, um den Boom auf dem Immobilienmarkt zu bremsen. Der Nationalbank sind wegen des starken Frankens aber die Hände gebunden. Nun ringen Behörden und Banken um andere Massnahmen, mit denen die Nachfrage nach Hypothekarkrediten gedämpft werden kann. Im Vordergrund stehen Einschränkungen beim Einsatz von Geldern aus der 2. Säule für den Kauf von Wohneigentum. Die Banken müssen aber auch mit schärferen Vorschriften für die Unterlegung der Kredite mit Eigenmitteln rechnen.
Während über die Balance zwischen behördlichen Vorschriften und Selbstregulierung noch gestritten wird, droht die Zeit davonzulaufen. Als Mahnmal gilt die Periode von Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre. Beim damaligen Immobiliencrash setzten die Banken rund 50 Milliarden Franken in den Sand. Das wäre das Letzte, was der Finanzplatz zurzeit brauchen könnte.
Gefahr in neun Kantonen
Auf besonderes Interesse stösst deshalb die neue Marktstudie «Immo-Monitoring» des Beratungsunternehmens Wüest & Partner AG. Es nimmt den Immobilienmarkt seit nunmehr 20 Jahren genau unter die Lupe und zieht zweimal jährlich Bilanz. 2012 ist das 14. Jahr mit steigenden Immobilienpreisen in Folge. Die Gefahr einer Blase wird in der Studie auf einer «Fieberkarte» dargestellt, auf der die knapp 2600 Schweizer Gemeinden nach fünf Gefahrenstufen eingeteilt sind.
Für Grossansicht auf die Grafik klicken
Sehr grosse Überhitzungsgefahr machen die Fachleute zurzeit in 102 Gemeinden aus. Auf deren Gebiet stehen Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen, die rund 12 Prozent des landesweiten Marktwerts ausmachen. Die «Fiebergemeinden» verteilen sich auf 9 Kantone. Zwei Drittel (69) entfallen auf die Kantone Genf und Waadt. Ins Auge stechen gemäss der Studie die Gebiete um Genf, Nyon, Lausanne und Vevey. In der Deutschschweiz herrscht vor allem in den Regionen Zimmerberg und Pfannenstil akute Überhitzungsgefahr. Hinzu kommen Tourismusdestinationen wie zum Beispiel das Engadin.
Die erstmals im Zeitablauf erstellten «Fieberkarten» machen deutlich, dass die Zahl der Gemeinden mit sehr grosser Überhitzungsgefahr seit 1997 steigt. Damals gehörten Gemeinden im Baselbiet und in den Tourismusregionen zu den «Fiebergemeinden». In den letzten sechs Jahren konzentrieren sich die Problemgemeinden auf die gleichen Regionen. Erste Abkühlungen wurden im unteren Baselbiet und im Sottoceneri im Tessin verzeichnet.
Kleinanleger spekulieren mit Immobilien
Keine grossflächige Spekulation, aber riskante Anlageentscheide macht die Studie bei den Akteuren auf dem Immobilienmarkt aus. Unübersehbar sei die Zunahme neuer Marktteilnehmer. So seien es vermehrt Kleinanleger, die Eigentumswohnungen kauften, um diese zu vermieten. Oder die Investoren kauften Mehrfamilienhäuser mit Mietwohnungen, um die Wohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Diese Trends werden durch die tiefen Zinsen und die fehlenden Anlagealternativen gefördert. «Hier dürfte der eigentliche Gefahrenherd liegen», schreiben die Experten. Die Anreizstrukturen seien so gesetzt, dass auch unsolide und gesellschaftlich unerwünschte Aktivitäten zumindest kurzfristig rentabel seien.
Eine gute Nachricht enthält die Studie für alle Mieter in bestehenden Mietverhältnissen: Sie können im laufenden Jahr mit tendenziell sinkenden Mieten rechnen. Das betrifft rund 1,9 Millionen Wohnungen. Anders präsentiert sich die Lage für die Wohnungssuchenden: Wegen der anhaltenden Zuwanderung und den gestiegenen Preisen für Wohneigentum dürften die Mieten in den angebotenen Wohnungen auch dieses Jahr leicht steigen, und zwar um 0,8 Prozent. Letztes Jahr machte die Mietteuerung sogar 3,8 Prozent aus.