Historischer Brief: Wollte Churchill zum Islam übertreten?

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Historischer BriefWollte Churchill zum Islam übertreten?

Der britische Staatsmann Winston Churchill war von der islamischen Kultur fasziniert. Jetzt zeigt ein neu entdeckter Brief: Seine Familie war deswegen höchst alarmiert.

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kmo
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«Ich wollte, ich wäre ein Pascha»: Winston Churchill war von der islamischen Kultur fasziniert.

«Ich wollte, ich wäre ein Pascha»: Winston Churchill war von der islamischen Kultur fasziniert.

Keystone/AP/Sanders
An den Partys seines guten Freundes, des Arabisten, Anti-Imperialisten und Poeten Wilfrid S. Blunt, pflegte Churchill, arabische Kleidung zu tragen.

An den Partys seines guten Freundes, des Arabisten, Anti-Imperialisten und Poeten Wilfrid S. Blunt, pflegte Churchill, arabische Kleidung zu tragen.

Keystone/AP/ap
Und 1940 unterstützte er Pläne, in London eine grosse Moschee erstellen zu lassen.

Und 1940 unterstützte er Pläne, in London eine grosse Moschee erstellen zu lassen.

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«Bitte, tritt nicht zum Islam über; ich habe bei dir Pascha-artige Tendenzen festgestellt», steht in einem Brief an den damaligen Unterstaatssekretär für die Kolonien und künftigen britischen Premier Winston Churchill. Das Schreiben vom August 1907 stammt von Lady Gwendoline Bertie, der Verlobten von Churchills Bruder.

Der neu entdeckte Brief wirft einen Blick auf die Faszination, die Churchill für die islamische Kultur hegte. Damit in Kontakt gekommen war er als Offizier der britischen Armee im Sudan. «Ich wollte, ich wäre ein Pascha», schrieb er etwa 1907, wobei er sich auf den Titel im Osmanischen Reich bezog.

Pläne für eine Moschee

Auch pflegte er, an den Partys seines guten Freundes, des berühmten Arabisten, Anti-Imperialisten und Poeten Wilfrid S. Blunt, arabische Kleidung zu tragen. Und 1940 unterstützte er Pläne, in London eine grosse Moschee erstellen zu lassen.

Trotzdem: «Churchill hat es nie ernsthaft in Betracht gezogen, zum Islam überzutreten», sagte Warren Dockter zum «Independent». Der Churchill-Experte von der Cambridge University hatte zusammen mit seinem Team den jetzt veröffentlichten Brief entdeckt. Mit der geplanten Moschee zum Beispiel wollte Churchill während des 2. Weltkriegs Verbündete aus der arabischen Welt gewinnen.

Denn trotz seiner Faszination war Churchill auch ein Islam-Kritiker: «Diese Religion lähmt die gesellschaftliche Entwicklung. Auf der ganzen Welt gibt es keine rückschrittlichere Kraft. Der Mohammedanismus ist ein militanter und missionarischer Glaube», schrieb der Brite noch 1899 in seinem Reisebericht über den Sudan.

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