Schutz vor Cybermobbing«Würde ich dieses Video dem Mami auch zeigen?»
So einen Fall wie das Ice-Tea-Sexvideo hat es in der Schweiz noch nie gegeben, sagt Pro Juventute und will nun verstärkt über Mobbing informieren.
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- fum/bat

Das Sexvideo mit der Ice-Tea-Flasche zieht weite Kreise. So weite Kreise, wie es Stephan Oetiker, Direktor von Pro Juventute, noch nie erlebt hat. «Im Ausland hat es schon vergleichbare Fälle gegeben, dort laufen deshalb auch Kampagnen gegen Cyber-Mobbing schon länger», sagt Oetiker. Der Fall in der Schweiz, bei dem angeblich ein junger Mann ein Video ins Netz gestellt hat, das seine Ex-Freundin beim Sexspiel mit einer Ice-Tea-Flasche zeigt, macht deutlich: Es findet ein massiver Eingriff in die Privatsphäre eines Jugendlichen statt, ohne dass dieser etwas dagegen unternehmen kann.
«Facebook und andere soziale Medien tragen zu einer Verbreitung in einem gigantischen Ausmass bei», so Oetiker. Als besonders schlimm erachtet er die Kommentare zum Video: «Da wird dem Opfer Naivität vorgeworfen und gesagt, dass es selber schuld sei. Wenn die betroffene Person so etwas liest, bricht für sie eine Welt zusammen.»
Sich unbedingt eine Kontrollfrage stellen
Aufgrund des konkreten Falls wolle Pro Juventute das Thema Cyber-Mobbing verstärkt thematisieren. «Dabei stehen nicht nur die Jugendlichen selber im Fokus, sondern auch Eltern und Lehrer.» Jugendlichen selber rät Oetiker im Umgang mit digitalen Medien Folgendes: «Sie sollen sich die Kontroll-Frage stellen: Würde ich dies auch meiner Mutter zeigen? Erst wenn diese Frage mit ja beantwortet werden kann, könne der Text oder das Bild weitergeschickt oder auf Facebook gestellt werden.»
Sollte es jedoch schon zu spät sein und ein solches Video ist bereits in Umlauf, soll man auf keinen Fall darauf reagieren, indem man zum Beispiel das Video kommentiert. «Das Opfer soll versuchen, das Video zu löschen und sich dann an eine erwachsene Vertrauensperson oder die Notrufnummer 147 wenden.» Im aktuellen Fall sei es zudem wichtig, dass das Video in der Schule thematisiert wird. Es soll dem Opfer vermittelt werden, dass es tatsächlich auch ein Opfer ist. Aber auch der Täter soll damit konfrontiert werden, was er mit dem Video angerichtet hat. «Vielfach sind sie sich gar nicht bewusst, was sie eigentlich alles auslösen», so Oetiker.
Täter kommen meistens aus dem Umfeld des Opfers
Auch die Kantonspolizei Zürich befasst sich intensiv mit dem Thema Cybermobbing. «Die Kantonspolizei Zürich bearbeitete bereits mehrere Fälle von sogenanntem Cybermobbing», sagt Marc Besson vom Mediendienst. Meistens könne der Täter schnell gefunden werden. «Sehr häufig sind die Täter aus dem unmittelbaren sozialen Umfeld des Opfers, was in vielen Fällen zu raschen Erfolgen bei den Ermittlungen führt», so Besson.
Die Kantonspolizei werde dann aktiv, wenn es sich beim Mobbing um eine Straftat handelt oder wenn eine Strafanzeige erstattet wurde. Gerade bei Cyber-Mobbing ist die Gesetzeslage nicht immer klar. Deshalb sagt Besson: «Vermutlich müssten die Gesetzesartikel den heutigen virtuellen Gegebenheiten angepasst werden.»