Wütende Libanesen skandieren «Tod für Syrien»
Begleitet von Schmährufen gegen Syrien haben die Anhänger des ermordeten libanesischen Industrieministers Pierre Gemayel am Mittwoch den Leichnam des Getöteten zum Stammsitz seiner Familie in Bikfaja getragen.
Tausende von Menschen in schwarzer Kleidung säumten die Strassen in dem Bergdorf nordöstlich von Beirut. Einige von ihnen riefen: «Tod für Syrien».
Der Vater des Ministers, Ex-Präsident Amin Gemayel, rief die Trauergäste zur Besonnenheit auf. «Ich bitte Euch, Ruhe zu bewahren und verspreche Euch, dass sein Tod nicht ungesühnt bleiben wird», sagte er.
Der Tag, an dem Libanon Abschied nehme von Gemayel, sei der Tag, um die Gerechtigkeit zu verteidigen, sagte Hariri, der Sohn des ermordeten früheren Präsidenten Rafik Hariri.
Unbekannte hatten am Dienstag bei Beirut auf den in seinem Fahrzeug sitzenden Gemayel geschossen und den 34-jährigen Syrien- Kritiker tödlich verletzt. Der UNO-Sicherheitsrat, die EU und Länder wie die Schweiz verurteilten die Tat scharf.
Die anti-syrische Parlamentsmehrheit machte die Führung in Damaskus verantwortlich. Auch der libanesischen Drusenführer Walid Dschumblatt prangerte am Mittwoch im Deutschlandfunk die syrische Regierung für die Tat an. Der Anschlag solle dem libanesischen Volk Angst eingejagen.
Frankreich sieht nach dem Mord an Gemayel die Wiederaufnahme eines umfassenden Dialogs mit Syrien in weite Ferne gerückt. Für Gespräche auf Ebene der Aussenminister oder gar Staatschefs fehle es an Vertrauen gegenüber Damaskus, sagte der französische Aussenminister Philippe Douste-Blazy am Mittwoch im Radiosender France Info.
Syrien streitet ab
Syrien bestritt jede Verwicklung in das Attentat und verurteilte dieses ebenfalls. Die Tat dürfte den erbitterten Machtkampf zwischen der regierenden anti-syrischen Mehrheit und der von der Hisbollah geführten pro-syrischen Opposition weiter verschärfen.
Der UNO-Sicherheitsrat hatte sich am Dienstag für die Einsetzung eines internationalen Tribunals ausgesprochen, vor dem die Verantwortlichen für den Mord an Hariri zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Das libanesische Parlament muss dieser Empfehlung zustimmen.
«Ein Märtyrer»
Libanesische Zeitungen bezeichneten Gemayel in ihren Mittwochsausgaben als Märtyrer. Die Unabhängigkeit werde am Jahrestag mit dem Blut Gemayels geschrieben, hiess es in der Zeitung «As-Safir».
Der Kommentator der christlichen Zeitung «Al-Anwar» schrieb: «Das Blut des jungen Märtyrers bedeckte die Strasse und verdeutlichte, dass die Gefahr für den Libanon noch grösser ist, als viele vermutet hatten.» (sda)