StromrechnungZahlen Sie für das E-Bike Ihres Nachbarn?
Weil Bewohner ihre E-Bikes zum Laden an den Allgemeinstrom schlossen, reagierte die Verwaltung mit einer Verwarnung. Auch E-Autos sorgen vermehrt für Konflikte in Mietshäusern.
- von
- Qendresa Llugiqi
E-Bikes ab sofort nur noch in der eigenen Wohnung aufladen: Dies verlangt eine Immobilienverwaltung in einem Rundschreiben an die Bewohner einer Liegenschaft in Männedorf ZH. Der Grund: Da alle Mieter für die Kosten des Allgemeinstroms aufkommen müssten, sei das Laden im Velokeller verboten.
«Als ich das Schreiben las, dachte ich, wie kleinkariert das doch ist», sagt ein Leser-Reporter zu 20 Minuten. «Es ist doch unsinnig, wegen ein paar Stromladungen, die kaum etwas kosten, gleich einen Nachbarschaftsstreit lostreten.» Er selbst habe zwar ein Rundschreiben erhalten, besitze jedoch kein E-Bike. Spannend sei auch, wie die betroffenen Nachbarn nun vorgehen wollen: «Im Haus gibt es keinen Lift. Wie sollen die ihre E-Bikes in ihre Wohnungen tragen, falls der Akku nicht abgenommen werden kann?»
Bewohner intervenieren
Laut der Verwaltung haben nur die Bewohner dieser Liegenschaft ein solches Rundschreiben erhalten. «Aufgrund der steigenden Beliebtheit von E-Bikes kommt es vereinzelt vor, dass Mieter darauf hingewiesen werden müssen, dass die regelmässige Stromentnahme vom Allgemeinstrom nicht erlaubt ist. Bei E-Bikes können die Akkus mit einem Handgriff entnommen und in der Wohnung geladen werden. Die Kosten für die regelmässige Ladung von Akkus sind je nach Nutzung, Hersteller und Leistung sehr unterschiedlich.»
Oft würden Bewohner innerhalb der Liegenschaft bei der Hausverwaltung intervenieren. «Da die Kosten für den Allgemeinstrom über die Nebenkostenabrechnung allen Mietern weiterverrechnet werden.»
Konfliktzone E-Auto
Die Problematik mit dem Verbrauch des Allgemeinstroms ist dem Mieterverband des Kantons Zürich gut bekannt. «Die Strom-Konflikte nehmen zu», sagt Sprecher Walter Angst. «Streitigkeiten wegen E-Bikes sind immer noch recht selten, da man bei vielen den Akku abnehmen und dann zuhause laden kann. Häufiger sind Fälle, in denen Elektroautos in der Garage über den Allgemeinstrom aufgeladen wurden.» Dies, weil es oftmals keine geeignete Infrastruktur in der Garage gebe. Der Stromverbrauch bei Elektroautos bewege sich auch in einer ganz anderen Dimension als bei E-Bikes. «Die E-Velos verbrauchen ja kaum etwas», sagt Angst.
Neben den Fahrzeugen gibt es laut Angst weitere Konfliktzonen: «In den meisten Fällen geht es bei uns aber um Haushaltsgeräte wie etwa Gefriertruhen in den Kellerabteilen, die über den Allgemeinstrom laufen.» In vielen Fällen lasse sich eine Lösung mit den Mietern und der Verwaltung finden, der Gang zur Schlichtungsbehörde sei selten.
«Auf Grillplausch einladen»
Angst rät davon ab, bei Uneinigkeiten im Wohnhaus immer gleich zur Verwaltung zu rennen. «Das sorgt für eine seltsame Stimmung im Haus. Dabei würden sich viele Probleme schnell in Luft auflösen, wenn die Mieter miteinander sprechen würden. Beispielsweise könnte man bei dem hier vorliegenden Problem als Wiedergutmachung einen Grillplausch für alle Nachbarn organisieren. Man kann aber auch den Nachbarn und der Verwaltung anbieten, dass man eine Pauschale zahlt, die von der Verwaltung von allen Mieter zu zahlenden Kosten für den Allgemeinstrom abgezogen wird.»
Der Mieterverband Schweiz kann sich vorstellen, dass sich Fragen betreffend die E-Mobilität künftig des Öfteren stellen werden.
Verbrauch pro Jahr von E-Bike bzw. E-Auto
Wenn Ihr Nachbar am Allgemeinstrom zapft und mit seinem E-Bike 10 000 Kilometer in einem Jahr fährt, dann müssen die Bewohner des Hauses 14 Franken an Strom zahlen. Bei einem Tesla Model S wären es dann 380 Franken pro Jahr und bei einem Audi E-Tron 480 Franken pro Jahr.
Regelung über Nebenkosten
Damit der Allgemeinstrom überhaupt als Nebenkosten dem Mieter in Rechnung gestellt werden darf, muss es im Mietvertrag als Nebenkostenposition ausgeschieden sein, so Fabian Gloor vom Schweizer Mieterverband. «Ist gemäss Mietvertrag den Mietern der Anschluss von Tiefkühlgeräten im Keller gestattet und wird deren Stromverbrauch über den Allgemeinstrom verrechnet, so darf der von den Tiefkühlgeräten verbrauchte Strom selbstverständlich nur deren Besitzern belastet werden. Ohne entsprechende Bewilligung im Mietvertrag dürfen Tiefkühlgeräte nur in der Wohnung angeschlossen werden.»
Dieselbe Regelung dürfte auch für E-Bikes gelten, so Gloor. «Das Schreiben von der Verwaltung ist daher zulässig, ausser den Mietern wurde mietvertraglich zugesichert, dass sie ihre E-Bikes am Allgemeinstrom aufladen dürfen.» Wurde den Mietern dieses Recht mietvertraglich zugesichert, dann wäre ein solches Verbot eine sogenannte Vertragsänderung, die den Mietern mit einem amtlich genehmigten Formular hätte mitgeteilt werden müssen. Gloor: «Nur ein Brief wäre bereits formellen Gründen unverbindlich. Der von den E-Bikes verbrauchte Strom dürfte natürlich wiederum nur den E-Bikern belastet werden.»