Basler Strafgericht: Ziegelwerfer muss in stationäre Therapie

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Basler StrafgerichtZiegelwerfer muss in stationäre Therapie

Zwei Tage lang stand er auf einem Hausdach in Basel und schmiss Ziegel auf die Strasse hinunter. Nun befand ihn das Gericht für nicht schuldfähig und schickt ihn in eine stationäre Therapie.

von
lua

Für den jungen Mann, der im Mai 2011 Ziegel vom Dach eines Hauses im Basler Gundeldingerquartier warf, hat das Basler Strafgericht am Donnerstag eine stationäre psychiatrische Behandlung angeordnet. Es erachtete ihn wegen schwerer psychischer Erkrankung als schuldunfähig.

Zwei Tage lang hatte der heute 32-jährige Mann im Mai 2011 Basel in Atem gehalten. Weil er einen Sack Erde, Wasser und zahlreiche Ziegel auf eine auch vom Tram befahrene Strasse hinunterwarf, kam es während knapp 50 Stunden zur Blockierung des gesamten Verkehrs an der Stelle.

Schwere Erkrankung

Damit erfüllte er zwar die Tatbestände der Sachbeschädigung, der Störung des öffentlichen Verkehrs, der Störung von der Allgemeinheit dienenden Betrieben und der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte. Ein Schuldspruch war jedoch wegen fehlender Zurechnungsfähigkeit nicht möglich.

Ziegelwerfer

Gemäss psychiatrischem Gutachten leidet der Mann an einer Persönlichkeitsstörung und an paranoider Schizophrenie. Ohne Behandlung sei das Risiko für einen Rückfall sehr hoch, sagte der Verfasser des Gutachtens vor Gericht. Eine ambulante Massnahme reiche nicht, um das Risiko zu senken.

Ziegelwerfer von Basel harrt aus

Der Mann begründete vor Gericht die Eskalation auf dem Dach damit, dass die Polizei sich gewaltsam Zutritt zur Wohnung verschafft habe. Diese war angerückt, weil der heute 32-Jährige nach dem Ableben seiner Goldfische aus Verzweiflung sein Aquarium mehrmals gefüllt und das Wasser auf die Strasse geschüttet hatte. «Es kam leider zu dieser Situation», sagte er in seinem letzten Wort. Dafür wolle er sich nochmals entschuldigen. «Es tut mir leid, dass ich ein so hartnäckiger Siech war.» Er betonte auch, dass er niemanden bedroht oder gezielt beschossen habe.

Immer wieder schweifte der sichtlich angeschlagene Mann bei seinen Erläuterungen ab, äusserte sich jedoch eloquent und bisweilen humorvoll: «Ich bin Italiener, welcher Italiener ist nicht Narzisst?», sagte er etwa zu seinem Krankheitsbild. Die Persönlichkeitsstörung könne er hingegen nicht nachvollziehen - er habe schliesslich eine Persönlichkeit. "Ich arbeite seit zehn Jahren jeden Tag an mir, etwa mit Meditation", so der Basler.

Stationäre Behandlung

In seinem Urteil folgte das Gericht den Anträgen von Anklage und Verteidigung und ordnete eine stationäre Therapie an. Der junge Mann hatte sich gegen eine stationäre Behandlung gewehrt und verwies mehrfach auf seine negativen Erfahrungen mit der Psychiatrie. Der Gerichtspräsident sagte indes, es solle ein stationärer Neuanfang sein, nicht in Basel, sondern wo auch immer.

Seit Juli 2012 befindet der Mann sich im vorläufigen Massnahmenvollzug. Dieser fand zuerst im Basler Untersuchungsgefängnis Waaghof statt, jetzt im Bässlergut. Der Verteidiger bedauerte, dass es bisher nicht möglich gewesen sei, einen geeigneten Vollzugsplatz zu finden; in der Schweiz sind die Therapieplätze für psychisch schwer gestörte Straftäter knapp.

Keine Öffentlichkeit

Die Verhandlungen vor Gericht hatten unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Von der Urteilsverkündung wurde der Angeklagte dann dispensiert, da für ihn auch das grosse Medieninteresse eine Belastung war.

Die von der baselstädtischen Justiz- und Sicherheitsdirektion, von den Basler Verkehrs-Betrieben (BVB) und von der Liegenschaftseigentümerin eingereichten Zivilforderungen von rund 400'000 Franken wies das Gericht ab. Die finanziellen Verhältnisse des Mannes rechtfertigten eine Billigkeitshaftung nicht. (lua/sda)

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