Sri Lanka: Zivilisten fliehen vor Endoffensive

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Sri LankaZivilisten fliehen vor Endoffensive

Mit dem Vormarsch der Armee gegen die eingekesselten Tamilen-Rebellen im Nordosten Sri Lankas gelingt offenbar immer mehr Zivilisten die Flucht aus dem Kampfgebiet. Zwei ranghohe Mitglieder der Tamilen-Rebellen ergaben sich der Armee.

Armeesprecher Udaya Nanayakkara sagte, von Montag bis Mittwochabend sei es mehr als 100 000 Zivilisten gelungen, das umkämpfte Gebiet unter der Kontrolle der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen.

LTTE vor der Vernichtung

Das Verteidigungsministerium in Colombo sprach von fast 82 000 Menschen. Ein Sprecher des Ministeriums sagte, die LTTE habe nur noch einen acht Kilometer langen und ein bis eineinhalb Kilometer breiten Küstenstreifen unter ihrer Kontrolle.

Nach UNO-Schätzungen sind dort noch etwa 20 000 Zivilisten eingeschlossen, die von der Versorgung mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln oder medizinischer Versorgung abgeschnitten sind. Beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) war von einer «humanitären Katastrophe» die Rede.

Regierungsunabhängige Organisationen befürchteten, dass es bei dem erwarteten letzten Vorstoss der Armee zu einem «Blutbad» kommen werde. Das Verteidigungsministerium versicherte jedoch, es sei das vordringliche Ziel der Regierung, die Zivilisten in Sicherheit zu bringen.

Gegenseitige Vorwürfe dauern an

Die Rebellen kritisieren, die Armee beschiesse das Gebiet ohne Rücksicht auf Unbeteiligte. Die Regierung wirft der LTTE vor, die Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen und sie gewaltsam an ihrer Flucht zu hindern.

Das Verteidigungsministerium spricht von «der weltweit grössten Mission zur Geiselrettung». Armeesprecher Nanayakkara sagte am Mittwoch, am Vortag seien bei Gefechten mindestens 36 LTTE-Kämpfer getötet worden. Angaben zu Opfern unter den Soldaten machte er nicht.

Ein im LTTE-Gebiet arbeitender Arzt sagte der Deutschen Presse- Agentur dpa am Telefon, hunderte verletzte Zivilisten harrten in provisorischen Kliniken mit zu wenig Medizin aus. Die Regierung beschiesse das Gebiet mit Artillerie.

Seit dem 20. Januar kamen bei den Kämpfen nach UNO-Angaben mindestens 2800 Zivilisten ums Leben. Die Rebellenorganisation beschuldigte das Militär, am Dienstag bei Bombardierungen mehr als tausend Zivilisten «massakriert» zu haben. Die Armee bestritt dies.

Zwei hohe LTTE-Funktionäre kapitulieren

Das Militär teilte mit, zwei LTTE-Funktionäre - der frühere Pressesprecher Velaiutham Dayanidhi alias Daya Master und der Übersetzer des verstorbenen Anführers des politischen Flügels der LTTE, Anthonipillai George - hätten sich ergeben. Es sind die bislang ranghöchsten Funktionäre der Rebellen, die kapituliert haben.

Die Regierung vermutete eigenen Angaben zufolge, dass sich der oberste LTTE-Führer, der 54-jährige Vellupillai Prabhakaran, der sich bis Dienstag ergeben sollte, nach wie vor in dem Kampfgebiet aufhielt.

Die LTTE kämpfen seit einem Vierteljahrhundert für einen eigenen Tamilen-Staat. Dabei sind mindestens 70 000 Menschen ums Leben gekommen.

(sda)

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