MalmöZlatans Heimat ist eine No-go-Zone
Kriminelle haben das Viertel Rosengård in Malmö unter Kontrolle, Polizisten wagen sich kaum dorthin. Rechtspopulisten fordern darum Militäreinsätze.
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Seved und Rosengård sind zwei Stadtviertel der südschwedischen Stadt Malmö. Rosengård kennt man international, weil dessen berühmtester Sohn bei Manchester United seine Tore schiesst und für seine unterhaltsam grosse Klappe berüchtigt ist – Zlatan Ibrahimovic. In Schweden spricht man aber aus ganz anderen Gründen über die beiden Viertel: Sie gelten als No-go-Zonen.
Selbst die Polizei wagt sich nur in besonders starker Besetzung in diese Strassen, wie die deutsche «Bild» (Bezahlartikel) in einer grossen Reportage schreibt. Jonatan Örstrand ist Polizist in Malmö. Er sagt: «Ich habe keine Angst, nach Seved zu kommen, aber ich überlege es mir gut. Wir kommen immer in mindestens zwei Autos. Die eine Gruppe führt die geplante Aktion durch, die andere bewacht das parkierte Polizeiauto.»
«Man lernt, welche Gegenden man wann meiden muss»
Seved ist winzig und besteht eigentlich nur aus ein paar Strassen in der Nähe des Stadtzentrums, aber überall hängen Überwachungskameras der Polizei. Die Hälfte der Bewohner hat keinen Job, viele Menschen haben einen Migrationshintergrund, schreibt die «Bild». Schon mehrmals wurde Örstrand hier mit Steinen und Flaschen beworfen. «Man lernt, welche Gegenden man zu welcher Tageszeit meiden muss», erzählt er.
Ähnliches berichtet Fredrik Malmberg, dem ein Mehrfamilienhaus in Seved gehört. Die Kontrolle über das Gebäude haben aber andere: «Eine Gruppe junger Männer verkauft regelmässig Drogen in meinem Haus. Wenn ich sie dabei störe, drohen sie mir, mich umzubringen.» Zudem würden sie die anderen Bewohner einschüchtern und schikanieren. Er gehe nur noch am Vormittag und nie allein in das Gebäude, sagt Malmberg.
«Rosengård ist eine No-go-Zone»
In Rosengård sieht es laut «Bild» noch übler aus: Die Arbeitslosenquote liege bei 62 Prozent, und wer nicht dort wohne, komme nie dorthin. Aus gutem Grund, wie Navid, der in Rosengård lebt, meint: «Rosengård ist eine No-go-Zone.» Der 22-Jährige ist konsterniert, denn Kriminelle hätten in dem Viertel nichts zu befürchten, weil «die Polizei nicht genug Ressourcen hat».
850 Polizisten gibt es laut «Bild» in Malmö. Viel zu wenige, findet die rechtspopulistische Partei Schwedendemokraten. Deren Sprecher in Malmö, Pontus Andersson, fordert darum drastische Massnahmen: «Die Polizei hat die Kontrolle über Malmö verloren. Wir brauchen die Hilfe des Militärs.» Die Schwedendemokraten sind drittstärkste Partei im Land und liegen in aktuellen Umfragen bei rund 19 Prozent.
«Eine der dümmsten Forderungen, die ich je gehört habe»
Anderssons Forderung findet weder bei anderen Parteien noch bei der Polizei selbst viele Unterstützer. Der Sozialdemokrat Andreas Schönström meint dazu: «Dass das Militär die Polizei unterstützen soll, ist eine der dümmsten Forderungen, die ich je gehört habe.» Manche Politiker würden immer die einfachsten Antworten auf die komplexesten Fragen suchen.
Auch Polizist Jonatan Östrand hält nichts von Militär-Hilfe: «Was wir brauchen, sind Beziehungen zu den Menschen, wir müssen hier eine starke Gemeinschaft aufbauen.» Lokalpolitiker Schönström wehrt sich denn auch gegen den Begriff «No-go-Zone». Malmö habe keine «No-go-Zonen», sondern Viertel, in denen sich die Menschen unsicher fühlen. «Wir haben Probleme mit Schiessereien und Drogenhandel. Aber wir haben auch Strategien gefunden, diese Probleme zurückzudrängen», sagt er.