GesundheitskostenZu viele Patienten lehnen Generika ab
In der Schweiz treibt die starke Verbreitung von Originalmedikamenten die Gesundheitskosten in die Höhe – nicht zuletzt weil Patienten Nachahmerprodukte verweigern.
- von
- Elisabeth Rizzi

Generikatabletten sind nicht schlechter als das Original, aber oft billiger. Im Bild eine Produktionslinie der Salutas Pharma.
Das Schweizer Gesundheitswesen ist teuer: 11 Prozent des Brutto-Inlandprodukts geben wir jährlich zur Behandlung unseres Körpers aus. Gut 10 Prozent davon bzw. 6,2 Milliarden Franken gehen auf das Konto von Medikamenten. Dieser Betrag könnte deutlich tiefer sein –und zwar ganz ohne Einschränkungen für die Patienten.
Denn billige Nachahmerprodukte für Medikamente, deren Patent abgelaufen ist, machen hierzulande erst 14 Prozent des Marktes aus. In anderen Ländern – etwa Deutschland – ist der Anteil mehr als doppelt so hoch. Politiker und Medien prügeln auf Schweizer Ärzte und Apotheker ein: Diese würden der Marge willen zu wenig Generika verkaufen.
Bequemlichkeit und Angst
Doch tatsächlich stellen sich auch die Patienten quer. Dies, obwohl sie für teure Originalmedikamente einen Selbstbehalt von 20 Prozent (statt 10 Prozent) bezahlen müssen. «Schätzungsweise zwischen 10 und 20 Prozent der Patienten lehnen in der Arztpraxis ein Generikum ab», beobachtet Gerhard Schilling, Arzt und Vorstand des Verbandes Hausärzte Schweiz. Diese Leute verursachen Medikamentenkosten von gut 173 Millionen Franken jährlich.
Schilling beobachtet immer wieder Patienten, die Generika als minderwertig ansehen oder nach einer Umstellung vom Original auf das Generikum behaupten, dass Letzteres schlechter wirke. Laut Peter Schläppi Leiter wissenschaftliche Grundlagen der Santémed Gesundheitszentren, sind auch oft Bequemlichkeit, Gewohnheit oder die Angst vor einer Änderung im Spiel. Dabei sind Nachahmerprodukte genauso gut wie die Originalmedikamente.
«In weniger als einem Prozent kommt es zu echten Unverträglichkeiten. Und auch diese sind reine Placeboeffekte», sagt Felix Huber, medizinischer Leiter der Gruppenpraxis Medix Zürich. Nur selten können unterschiedliche Trägerstoffe oder Konfektionsarten zu Problemen führen. Bei Medix werden bereits seit Jahren zwischen 30 und 40 Prozent der Wirkstoffe in Form von Generika verschrieben.
Schärfere Restriktionen gefordert
Allerdings pflegt Medix auch ein restriktives Behandlungsregime. «Wenn ein nach Hausarztmodell versicherter Patient bei mir ein Generikum ablehnt, muss er in die teurere traditionelle Einzelversicherung zurückwechseln», erklärt Huber.
Sein Namensvetter Peter Huber, Geschäftsführer des Branchenverbandes Intergenerika, befürwortet zwar den Sparanreiz durch den differenzierten Selbstbehalt, aber auch schärfere Restriktionen. Denn gerade bei chronisch Kranken, die viele Medikamente konsumieren, sei die Limite des selbst zu tragenden Selbstbehaltes von 700 Franken schnell erreicht. «Gehen die Kosten darüber hinaus, zahlt die Krankenkasse. Dann verlieren die Patienten den Anreiz, günstigere Medikamente zu verlangen», erklärt er.
Seines Erachtens müsste sich der Bund überlegen, ob die Selbstbehaltslimite bei «Eigenverschulden» abgeschafft werden soll. Auch das deutsche System, bei dem die Kassen pro Wirkstoff nur eine bestimmte Summe vergüten, hält er für wirksam. «Danach nahmen dort die Generikaverkäufe sprunghaft zu», so der Branchenvertreter.