Zünfter lachen über schwarz geschminkten «Wilden»

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Sechseläuten Zünfter lachen über Blackfacing, Baströckli und «Penis-Knochen»

Wenn sie unter sich sind, fallen die Hemmungen: An einem Ball von und für Zünfter amüsierten sich die Anwesenden über einen schwarz angemalten Darsteller mit Knochen in der Hand.

Hier sieht man, wie der Clip eingespielt wurde , der sich über Homosexuelle und Prostituierte lustig macht.

Tages-Anzeiger

Darum gehts

  • An einer Veranstaltung im Vorfeld des Sechseläutens wurde mit fragwürdigen Stereotypen Stimmung gemacht. 

  • So trat ein Darsteller mit Bastrock und schwarz geschminktem Gesicht auf und schwenkte einen Knochen zwischen den Beinen.

  • Zudem wurde ein Clip eingespielt, der sich über Homosexuelle und Prostituierte lustig macht.

Bevor sich die Zürcher Zünfter zum für sie wichtigsten Anlass des Jahres, dem Sechseläuten, versammeln, stimmen sie sich an speziellen Bällen auf den grossen Tag ein. Am Wochenende vor der Verbrennung des Bööggen treffen sich die Mitglieder der Zünfte mit ihren Gattinnen und geladenen Gästen an Feiern, die der Öffentlichkeit verwehrt sind.

So fand heuer etwa im Restaurant Terrasse beim Bellevue der «Ball beim Böögg» statt, an dem sich 140 Personen einfanden und ihrer Art von Humor frönten, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Unter den Anwesenden befanden sich auch grosse Kaliber wie Swiss-Life-VR-Präsident und Neu-SVP-Mitglied Rolf Dörig.

Dabei wurde offenbar viel gelacht, wie ein Video beweist – und gerne auch über Minderheiten. Ein Video, das der Zeitung vorliegt, zeigt, wie drei Personen auf der Bühne einen Rückblick über vergangene Veranstaltungen und deren Highlights geben. Eine der drei Personen trägt eine Kraushaarperücke und ein Baströckli und hat ein schwarz geschminktes Gesicht. In der Hand hat der «Schwarze» einen Knochen, den er zur Belustigung des Publikums auch mal wie einen Penis zwischen die Beine hält. Des weiteren stehen ein als Frau verkleideter Mann mit blonder Perücke und eine in Schwarz gekleidete Frau mit üppiger Federboa auf der Bühne.

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Ein als Afrikaner aufgemachter Darsteller spielte …

Ein als Afrikaner aufgemachter Darsteller spielte …

Screenshot Video «Tages-Anzeiger»
… mit einem Knochen, den er lasziv zwischen den Beinen baumeln liess.

… mit einem Knochen, den er lasziv zwischen den Beinen baumeln liess.

Screenshot Video «Tages-Anzeiger»
Dann wurde eine Aufzeichnung eines früheren Sketches eingeblendet, in dem ein «Homosexueller» mit Regenbogenhemd …

Dann wurde eine Aufzeichnung eines früheren Sketches eingeblendet, in dem ein «Homosexueller» mit Regenbogenhemd …

Screenshot Video «Tages-Anzeiger»

Prostituierte, Homosexueller und Schwarzer

Dann geht es um einen Rückblick auf eine als besonders lustig empfundene Episode aus dem Jahr 2018, die per Video hinter den drei Darstellern eingespielt wird und offenbar einen «Integrationskurs» darstellen soll. Im Clip spielen eine schwarz geschminkte Person, ein mit Regenbogenhemd klischeehaft als homosexuell aufgemachter Mann sowie eine als Prostituierte aufgemachte Frau mit. Eingeleitet wird die Aufzeichnung mit dem Hinweis: «Die Zensurbehörde der Stadt Zürich hat die Episode damals verboten, weil sie fand, sie sei in höchstem Mass unkorrekt.» Man wolle aber, dass sich die Anwesenden selbst ein Bild machen könnten. Diese quittieren die Einspielung mit viel Gelächter.

Darf man an nicht-öffentlichen Veranstaltungen solche Sketches machen?

Der «Tages-Anzeiger» erhielt von den Organisatoren des «Balls beim Böögg» auch auf mehrmalige Nachfrage keine Stellungnahme – der Ball habe «in geschlossener Gesellschaft und unter Freunden» stattgefunden. Auf angefragte Anwesende wie etwa Rolf Dörig wollten sich nicht äussern.

Die Zeitung fragte auch beim Zentralkomitee der Zürcher Zünfte (ZZZ) nach. Dort hiess es, der «Ball zum Böögg» habe nichts mit dem offiziellen Sechseläuten zu tun. Allerdings hatte im Vorfeld der Veranstaltung bereits die Zunft zum Kämbel für Diskussionen gesorgt: Drei Mitglieder des Kantonsparlaments aus den Reihen der SP hatten deren Praxis, mit braun angemalten Gesichtern aufzutreten, als rassistisch und überholt kritisiert.

Bist du oder ist jemand, den du kennst, von Rassismus betroffen?

Hier findest du Hilfe:

Beratungsnetz für Rassismusopfer

GRA, Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

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(trx)

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