«Hätte ich nie erwartet»Zuerst wegen Kopftuch diskriminiert, jetzt hat sie ein Bewerbungsgespräch
Senanur U. wird bei ihrer Lehrstellensuche immer wieder wegen ihres Kopftuchs diskriminiert. Nachdem sie mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit gegangen ist, erhält sie viel Zuspruch.
- von
- Lea Lozano
Darum gehts
Die 22-jährige Senanur U. sucht seit drei Jahren vergeblich eine Lehrstelle.
Seit sie vor ein paar Tagen damit an die Öffentlichkeit gegangen ist, kriegt sie nun haufenweise Nachrichten und Angebote.
Die Baselbieterin hat dadurch auch gemerkt, dass sie mit ihrem Problem nicht allein ist.
Seit über drei Jahren wird Senanur U. bei ihrer Lehrstellensuche mit Diskriminierung konfrontiert und kriegt eine Absage nach der anderen. Der Grund: Sie ist Muslimin und trägt ein Kopftuch. Eine Zahnarztpraxis in Reinach BL hatte ihr im November geschrieben, dass jemand, «der seine Gesinnung so offensichtlich trägt», dort nicht hinpasse. Nachdem sie kürzlich mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit gegangen ist, hat sie viele Angebote erhalten.
«Ich hätte nie erwartet, dass ich nach der Berichterstattung so viele positive Nachrichten bekomme. Das berührt mich sehr», erzählt die 22-Jährige im Gespräch mit 20 Minuten. Ihre Geschichte wurde in den sozialen Medien rege verbreitet. «Viele Leute haben mir angeboten, dass ich mich bei ihnen im Betrieb bewerben oder sie als Referenz angeben kann», so Senanur. Sie habe nächste Woche ihr erstes Vorstellungsgespräch.
Verbreitete Problematik
Was die junge Frau aus Aesch besonders berührt hat, war zu sehen, dass sie nicht als Einzige unter dem Problem leidet. «Ich habe gemerkt, dass ich nicht allein bin. So viele Menschen, denen es gleich geht wie mir, haben mir gesagt, dass ich sie mit meiner Geschichte ermutigt habe.» Sie sei froh, dass sie so ein Zeichen gegen Diskriminierung setzen könne. «Es ist wichtig, dass bedeckte Menschen die gleichen Möglichkeiten haben, sich beruflich weiterzuentwickeln», sagt sie.
Auch Senanurs Eltern seien ausgesprochen stolz auf sie. «Meine Eltern hat es sehr gefreut, dass ich so viele positive Rückmeldungen von Fremden bekommen habe.» Auch ihnen sei nun erstmals bewusst geworden, wie viele andere Menschen wie ihre Tochter unter Diskriminierung litten.
Rechtliche Unterstützung
Zu den zahlreichen Jobangeboten hat Senanur auch Angebote für rechtliche Unterstützung bekommen. «Viele Anwälte haben mir geschrieben, dass sie mich vertreten würden, falls ich mit rechtlichen Mitteln gegen die Zahnärztin, die mir das diskriminierende E-Mail geschrieben hat, vorgehen will.» Ob sie das Angebot annehmen wolle, wisse sie noch nicht.
Obwohl die Baselbieterin viel Zuspruch bekommen hat, gab es auch einige negative Rückmeldungen. Damit habe sie aber gerechnet. «Ich habe viel mehr negative Kommentare erwartet», sagt sie.
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